Neue Fälschung „Für uns Kinder“

 

(erscheint in der Zeitschrift philatelie 534 - Dezember 2021 - Vorabveröffentlichung)

Co-Autor Bernd Hanke

 

Am 20. September 2007 wurde die 55 Cent Marke mit dem Motiv „Für uns Kinder“ (MiNr 2619) in einer Auflage von 7,4 Millionen Marken verausgabt. Von dieser Marke hat nun ein Sammler vor einigen Wochen zwei Marken entdeckt, die dieser Marke zwar sehr ähnlich sehen, die aber keine Fluoreszenz besitzen und die deutlich gröber gezähnt waren. Bei Michel war bisher nichts von einer Fälschung bekannt.

Der Sammler wandte sich nun an einen Händler seines Vertrauens, in der Hoffnung hier weitere Informationen zu erhalten. Dieser konnte aber auch nicht weiterhelfen und schickte die Marken zur Prüfung an Herrn Hans-Dieter Schlegel. Dieser stellte fest, dass die Marken falsch waren, sie auch nicht in der Übersichtsliste aller bisher bekannten Fälschungen seit der Euroeinführung auf der Webseite „Moderne Postgeschichte“ gelistet sind und sie anscheinend von der Deutschen Post bis heute nicht gefunden wurden. Daher wandte sich Schlegel an den Autoren, der weitere Recherchen anstellte, über die er in dem folgenden Beitrag berichten möchte.

Bildmontage – oben eine echte postfrische Marke, unten die in der Kiloware gefundene Fälschung
Bildmontage – oben eine echte postfrische Marke, unten die in der Kiloware gefundene Fälschung

Für uns Kinder

 

Wie schon kurz in der Einleitung erwähnt, handelt es sich hier tatsächlich um einen Fund aus der Kiloware, die ein Sammler im Sommer 2021 gründlich und sorgfältig untersucht hat. Der Autor konnte eine der beiden Marken für seine Forschungssammlung sowie die Bildrechte der zweiten Marke erwerben, um diese Fälschung hier ausführlich vorstellen zu können. Die echten Marken wurden im Offsetdruckverfahren bei Giesecke & Devrient Wertpapierdruckerei Leipzig gedruckt. Während das Original mit Magenta 75 Grad, Cyan 15 Grad, Gelb 0 Grad und Schwarz 45 Grad gedruckt wurde, unterscheidet sich der Druck der Fälschung bei Magenta mit nur 45 Grad und Schwarz mit 75 Grad, während Cyan und Gelb mit dem selben Rasterwinkel gedruckt wurden.

Bildausschnitt der Wertstufe 55 Cent mit dem roten Hintergrund, der deutlich die andere Rasterung von Magenta zeigt – links das Original, rechts die Fälschung
Bildausschnitt der Wertstufe 55 Cent mit dem roten Hintergrund, der deutlich die andere Rasterung von Magenta zeigt – links das Original, rechts die Fälschung

Um die nicht abriebfeste Farbe der Fälschung zu schützen, wurde eine zusätzliche dünne Lackierung über den Druck aufgetragen. Die Fälschung unterscheidet sich aber auch deutlich bei der Perforation, beim Original beträgt diese 13 ¾ (Kamm-Zähnung), bei der Fälschung beträgt die Perforation nur 10. Insgesamt ist die Fälschung auch etwas kleiner als das Original. Das zum Druck der Fälschung genutzte Papier ist etwas dünner, als das beim Original genutzte Papier.

 

Betrachten wir nun die verschiedenfarbigen Laubblätter in Herzform etwas genauer. Beim Original haben die Herzen eine schwarze Umrandung. Bei der Fälschung wird aber mit einer Farbmischung gearbeitet, die auch Schwarz ergibt. Dies sieht man besonders gut im Bereich der weißen Flecken zwischen den verschiedenen Herzen. Beim Original ist der schwarzen Rand zu sehen, bei der Fälschung ist an diesen Stellen die Farbmischung von Magenta, Cyan und Gelb zu finden. Zwar ergibt diese Farbmischung ebenfalls eine schwarze Farbe, die allerdings deutlich stumpfer und matter wirkt.

Bildausschnitt eines weißen Flecks – links das Original mit schwarzen Rand, rechts die Fälschung mit der Farbmischung
Bildausschnitt eines weißen Flecks – links das Original mit schwarzen Rand, rechts die Fälschung mit der Farbmischung
Bildausschnitt eines grünen Herzens, links das Original mit den typischen Offsetrosetten, rechts die Fälschung ohne diese
Bildausschnitt eines grünen Herzens, links das Original mit den typischen Offsetrosetten, rechts die Fälschung ohne diese

Diese unterschiedliche Darstellung des Randes der jeweiligen Flecken kann man auch bei den grünen Flecken gut erkennen. Hier sieht man zusätzlich noch beim Original die schon öfters bei früheren Artikel erwähnten Offsetrosetten, die bei der Fälschung überhaupt nicht erkennbar sind. Die Fälschung weißt hier auch entsprechende Abnutzungsspuren auf.

Die Rückseite der Fälschung mit dem Prüfstempel von Herrn Schlegel
Die Rückseite der Fälschung mit dem Prüfstempel von Herrn Schlegel

Auf der Rückseite befindet sich das Prüfzeichen von Herrn Schlegel für eine falsche Marke.

 

UV- und IR Merkmale

 

Nicht nur die viel gröbere Zähnung ist ein leichtes Merkmal, diese Fälschung zu erkennen. Eine UV-Lampe ist hier sogar noch besser. Während das Original natürlich die übliche Fluoreszenz bei 365 Nanometer aufweist, besitzt die Fälschung kein UV und leuchtet daher hier nur leicht bläulich bedingt durch die optischen Aufheller im benutzen Papier.

Diese Bildmontage zeigt sehr deutlich das leichteste Unterscheidungsmerkmal dieser Fälschung, oben die echte Marke mit UV, unten die falsche ohne UV
Diese Bildmontage zeigt sehr deutlich das leichteste Unterscheidungsmerkmal dieser Fälschung, oben die echte Marke mit UV, unten die falsche ohne UV

Das hier darüber hinaus auch das zweite Sicherheitselement, die „Seltenen Erden“ fehlt, während es beim Original in der gelben Farbe versteckt ist, soll nur noch der Vollständigkeit halber erwähnt werden.

 

Einsatz der Fälschung

 

Bei dem einen der beiden bekannten Fälschungen „Für uns Kinder“ die hier vorgestellt wird, sind leider nur Stempelfragmente eines Maschinenstempels von einem Briefzentrum erkennbar, die erst einmal keine Altersdatierung der Nutzung zulassen. Zusammen mit der zweiten Marke lassen sich aber doch gewisse weitere Rückschlüsse ziehen.

Foto von Hans-Dieter Schlegel mit den beiden einzigen bisher bekannten Marken als Fälschung
Foto von Hans-Dieter Schlegel mit den beiden einzigen bisher bekannten Marken als Fälschung

Da der Stempelkopf scheinbar auf dem Kopf steht, muss diese zweite Marke kopfstehenden auf einen Standard- oder Kompaktbrief aufgeklebt worden sein. Beim Datum kann man zumindest „11.-5.1“ deutlich erkennen. Beim Werbeteil erkennt man Teile einer Werbung die für eine Bundestagswahl oder Europawahl eingesetzt wurde. Diese Teilinformationen lassen nur den Schluss zu, das die falschen Marken im Mai 2014 kurz vor der Europawahl, die am 25. Mai 2014 stattgefunden hat, genutzt wurden, wie der folgende Stempel aus der Stempeldatenbank von philaseiten zeigt.

Maschienserienwerbestempel vom Briefzentrum 03 mit Werbung zur Europawahl am 25.05.2014 aus der Stempeldatenbank von philaseiten
Maschienserienwerbestempel vom Briefzentrum 03 mit Werbung zur Europawahl am 25.05.2014 aus der Stempeldatenbank von philaseiten

Zum 1. Januar 2013 wurde allerdings das Standardbriefporto auf 58 Cent erhöht und schon ein Jahr später wurde es erneut auf 60 Cent erhöht. Diese zwei gefundenen Marken wurden also erst knapp sieben Jahre später als Mischfrankatur genutzt. Vermutlich wurden sie deshalb auch nicht von der Deutschen Post als Fälschung gefunden. Herstellt worden sein dürfte die Fälschung aber schon mindestens zwei Jahre früher, da bei allen bisher bekannten Fälschungen die Herstellung auch im Zeitraum der jeweiligen Einzelfrankaturzeit erfolgte. Diese Fälschung müsste also irgendwann zwischen 2007 und 2012 gedruckt worden sein.

 

Resümee

 

Wie man diesem Beispiel entnehmen kann, ist also die Prüfung und Sichtung von Kiloware interessant und spannend. Man kann hier immer mal wieder tolle Funde machen, sei es eine Fälschung, die bisher nicht katalogisiert war oder Funde wie die vielen bekannten „Gescheidlemarken“. Außerdem sollte man selbst Marken, die auf den ersten Blick nicht gerade eine Luxuserhaltung versprechen, entsorgen, sondern vorher zumindest mal die UV-Eigenschaften prüfen. Neuerdings gibt es auch noch sehr interessante Funde bei der Kiloware bei den neuen Briefmarken mit Datamatrixcode zu melden, dazu aber näheres in einem separaten Artikel.