Nicht alltägliche Stempel vom Briefzentrum 50 

(erschienen in der philatelie 311 - Mai 2003 + Ergänzung Kurzinfo 314 - August 2003)


> Link zum Folgeartikel Tintenstrahlentwertung ersetzt Handrollstempel in Deutschland philatelie 394 - Juli 2010 (dort finden Sie auch weitere ergänzende Zusatzinformationen) > 

> Link zum Artikel "Tintenstrahl-Handdrucker ersetzen Handrollstempel" sowie der Geschichte und Entwicklung der Tintenstrahlentwertung in Deutschland von Anfang an (philatelie 448 - Oktober 2014)>

 

Jeder Sammler kennt den Handrollstempel. Viele Sammler kennen aber auch schon Freimachungen mittels Tintenstrahlentwertung, beispielsweise aus England, Südafrika und Kanada. Dass hier ein Zusammenhang besteht, zeigt ein neuer Pilotversuch im Briefzentrum 50 in Köln West. Schon im letzten Jahr begannen interne Vorbereitungen, um eine neue Maschine für die deutsche Post zu entwickeln und einzusetzen. Ansatzpunkt der Automatisierung ist die Briefordnerei in den jeweiligen Briefzentrum. Wer schon einmal eine Führung durch ein Briefzentrum mitgemacht hat, wird wissen, dass dort noch die meiste Handarbeit anfällt. In der Briefordnerei werden die Sendungen aus den Briefkästen und von den Filialen nach Formaten getrennt und gestempelt. Da es sich hier im Briefzentrum 50 um einen Pilotversuch handelt, erfährt man leider noch sehr wenig über den Hersteller und die Funktionsweise der Maschine oder eine Abbildung. Nur durch erstes Belegmaterial sind indirekte Schlüsse über die Maschine und die Prozesse möglich. Daher werden hier mehr Abbildungen gezeigt, als Hintergrundinfos. Sie sollen Ihnen aber den Blick schärfen, diese Belege nicht wegzuwerfen sondern zu sammeln und nicht zu zerschneiden.

 

Die neue Maschine

Laut bisherigen Informationen handelt es sich bei der Maschine um ein zweistufiges Verfahren. Im ersten Arbeitsgang werden die Sendungen maschinell formatmäßig getrennt. Im zweiten Arbeitsgang werden die Großbriefe, die bisher manuell mittels Handrollstempel entwertet wurden, maschinell gestempelt. Der geplante Versuchsbeginn Anfang Januar 2003 verzögerte sich noch um einige Wochen bis Anfang Februar 2003. Dann begann man den ersten Schritt zum Laufen zu bringen, die Formattrennung. Nach entsprechenden Startschwierigkeiten scheint diese Phase schon nach ca. zwei Wochen zufriedenstellend zu funktionieren. Daher wurde nach bisherigen Angaben am 18. Februar 2003 mit der Erweiterung des Versuchsbetriebes auf die zweite Phase begonnen. Diese beinhaltet die automatische maschinelle Stempelung von Großbriefen. Wenn diese auch erfolgreich abgeschlossen sein sollte, dürfte der bisher weit verbreitete Handrollstempel auf großformatigen Sendungen der Vergangenheit angehören und die hier im Versuch eingesetzte Tintenstrahlentwertung zum neuen deutschen Standard werden.

Ausschnitt eines Großbriefes aus der Frühzeit vom 26. Februar 2003 mit Tintenstrahlentwertung kopfstehend und zusätzlichen Handrollstempel vom Briefzentrum 50

 

Ein interessanter Beleg aus der Frühphase vom 6. März 2003 mit einer Anordnung von sechs aufgespritzten Stempeln

 

Anders als in den meisten Ländern mit Tintenstrahlentwertung, sollen hier keine Linien oder Schrift sondern in spezieller Weise geordnete Rundstempel mit modifizierter Beschriftung aufgespritzt werden. Die Maschine besitzt auch ein Detektionssystem, dass die gültigen deutschen Briefmarken erkennt und deren Lage auf dem Format ermittelt, denn sonst könnte man nicht gezielt entwerten (siehe Abbildung oben). Im Bereich der vorhandenen Postwertzeichen werden nun mit schwarzer Tinte in der Regel mehrere Rundstempel aufgespritzt.

 

Ausschnitt eines Großbriefes vom 11. März 2003 mit kopfstehender Entwertung in einer häufigeren Viereranordung der Stempel

 

Die Stempelbeschriftung ist ähnlich wie die bekannten Briefzentrumsstempel. Zwar gibt es keinen Unterscheidungsbuchstaben, dafür befindet sich aber unter dem Datum in einer zweiten Zeile eine Zahl, die vermutlich als Unterscheidungsbuchstabe dienen soll. In der ersten Zeit waren diese Stempel oft nur unvollständig, teils auch oft schlecht lesbar bzw. unscharf aufgespritzt. Typisch ist allen vollständigen Aufdrucken eine vermutlich derzeit zur Kontrolle dienende interne Hilfsangabe zur Optimierung der Maschine. Achten Sie daher auf Briefe aus Köln mit einer solchen Entwertung, denn so häufig dürften sie noch nicht sein. Zerschneiden Sie aber auf keine Fälle die großformatigen Sendungen, damit man später über verschiedene Stempelanordnungen Analysen zur Bearbeitung dieser Maschine machen kann.

 

> Einschub - Ergänzungen zum Versuch Tintenstrahlentwertung (philatelie 314 - August 2003) 

Überraschender Weise wurde der im philatelie 311 - Mai 2003 beschriebene Versuch nach knapp zwei Monaten schon Mitte April beendet, allerdings lebte er am 1. Juli noch einmal kurzzeitig auf, dann wurden die Geräte abgebaut. Ob es überhaupt mal weiter geht, weiß derzeit keiner, aber wenn dann sicherlich ohne Vorankündigung! Halten Sie also die Augen offen! (dies war ja dann auch in Düsseldorf (2004) und ab Ende 2007 in München und Nürnberg der Fall > philatelie 394 - Juli 2010)

> die weitere Geschichte der Tintenstrahlentwertung finden Sie zukünftig im Artikel "Tintenstrahl-Handdrucker ersetzen Handrollstempel" > philatelie 448 - Oktober 2014)

 

Stempel mit Firmenwerbung

Im Bereich des Briefzentrums Köln West gab und gibt es aber auch schon früher ungewöhnliche Stempel, die nicht so bekannt sein dürften. Jeder Sammler kennt das neue Postwertzeichen 50 Jahre Deutsche Welle, das vor einigen Wochen, am 10. April 2003, erschienen ist. Passend zu diesem Anlass sollte daher an dieser Stelle auf zwei weitere nicht alltägliche Stempel hingewiesen werden, die speziell nur für Post der Deutschen Welle ins Ausland eingesetzt werden. Der Sender vermittelt seine Informationen nicht nur über die Kurzwelle. Sehr oft werden auch unterschiedlichste ergänzende Informationen mittels Post in alle Welt geschickt. Da der Sender immer nach günstigen Konditionen bezüglich des Postversandes Ausschau hielt, gab es in der Vergangenheit eine Periode, in der ein größerer Teil scheinbar günstiger aus Dänemark in alle Welt verschickt werden konnte.

 

Einer der wenigen bekannten vollständigen sauberen Abschläge des Firmenklischees der Deutschen Welle von der Klüssendorfmaschine vom 28. Juni 1999

 

Die Flexibilisierung der Deutschen Post führte nun dazu, dass man den Kunden Deutsche Welle wieder zurück gewinnen konnte. Denn in den Jahren 1998 und 1999 bot die Deutsche Post erstmals einigen Großkunden mit viel Auslandspost neue Formen vom Abholen, über das Frankieren und andere Zusatzdienstleistungen an. Dazu wurden einige wenige spezielle umgerüstete Absenderfreistempelmaschinen der Firma Stielow (SM75/85) angeschafft und gezielt nur für diese Kunden eingesetzt. Natürlich gab es dazu einige artverwandte Vorläufer, beispielsweise aus Frankfurt. Da im Frühjahr 1999 noch keine neue umgerüstete Maschine im Briefzentrum 50 vorhanden war, entschied man sich, eine alte Küssendorfmaschine zu modifizieren. Es handelt sich dabei um eine Postfreistempelung im Kundenauftrag, nur für ausländische Post.

Dieser Stempel weist einige Besonderheiten auf. Zum einen gibt es einen nicht alltäglichen Stempelkopf mit der Bezeichnung Briefzentrum 50 und fünfstelliger Postleitzahl, zum anderen ein modifiziertes Wertklischee mit Porto payé. Zusätzlich gibt es auch, wie noch in den 50er Jahren vereinzelt bekannt, ein passendes Firmenwerbekischee der Deutschen Welle. Bedingt durch das Alter der Klüssendorfmaschine sind die meisten Stempelabschläge aus dieser kurzen Phase bis zum Einsatz der neuen modernen Maschine oft sehr schlecht oder unvollständig abgeschlagen. Einer der extrem wenigen Ausnahmen zeigt die obige Abbildung.

Ersetzt wurde die alte Klüssendorfmaschine schon nach wenigen Monaten durch eine nicht alltägliche zweifarbige Maschine SM 75/85 der Firma Stielow. Die Angabe Luftpost ganz rechts sollte dabei nach Vorgabe der Post in blau abgeschlagen werden, der restliche Teil, in rot, sowie es damals noch für Postfreistempelung üblich war. Fast parallel dazu wurde ja bekanntlich die alte Postfreistempelung mit rot zum heutigen Frankierservice in schwarz, aber dies ist eine andere Geschichte.

 

Brief in die Tschechei mit neuer Maschine mit zweifarbigen Abschlag des Stempels vom 11. August 1999