Nachentgeltversuche bei der Deutschen Post AG
(Vorabveröffentlichung - erscheint in Philatelie 462 - Dezember 2015)
Stichprobenartig wird regelmäßig bei der Deutschen Post AG geprüft ob, die Sendungen ausreichend frankiert sind. Ist dies nicht der Fall, wird Nachentgelt erhoben. Entweder wird dabei das Nachentgelt vom Absender eingezogen (Rücksendung mit gelben Zetteln) oder es wird mit Blaustift vermerkt und vom Empfänger kassiert. Die Postpraxis zeigt, das letztgenannte Variante vom Zusteller oft nicht kassiert wird. Aus diesem Grunde wurde - wie entsprechende Belege eindeutig zeigen - im Frühjahr 2014 ein bundesweiter Versuch gestartet, dieses Problem zu beheben.
Seit kurzem läuft nun in einigen Briefzentren ein Folgeversuch. Aus diesem aktuellen Anlass wird im folgenden Artikel über diese Versuche und die aktuelle Postpraxis bezüglich der Nachentgelterhebung berichtet.
Einführung
Die Kontrolle des Portos bei einer Postbeförderung existiert schon von Anfang an. In den letzten Jahren gibt es für mangelhaft frankierte Inlandssendungen zwei verschiedene Optionen, die berücksichtigen, ob ein Absender vorhanden ist oder nicht. Ist er vorhanden, wurde und wird der Brief in der Regel mit einem gelben Zettel an den Absender zurück geschickt. Auf dem Zettel ist die fehlende Summe vermerkt. Frankierte Teilbeträge werden dabei anerkannt. Jahrelang wurde dieser Zettel per Hand ausgefüllt. Der Text des Zettels war immer gleich.
Seit circa. zehn Jahren werden diese Zettel mittels Labeldruckern auf gelben Labeln ausgedruckt. Je nach Vorfall ist der Informationstext etwas unterschiedlich gestaltet. Der Zettel selbst besteht aus zwei Teilen, der rechte schmale Teil ist stark klebend und senkrecht beschriftet mit Deutsche Post und dem Posthorn sowie unten in sehr kleiner Schrift der Versionsnummer der verwendeten Software. Auf dem großen linken Teil nur leicht klebenden Teil wird der Kunde über das fehlende Entgelt und die Handhabung informiert. Außerdem sind passend zum jeweiligen Fall die entsprechenden Maße und Preise in Kurzform gelistet. Ganz unten erscheint der Ort, an dem die Sendung entsprechend bearbeitet wurde (beispielsweise „Ihr Briefzentrum Wiesbaden“).
Seit wann die Deutsche Post AG beziehungsweise die Bundespost diese gelben Zettel erstmals benutzt hat, ist dem Autor nicht bekannt – wer kann hier weiterhelfen ?
Die zweite Variante wurde und wird in der Regel dann benutzt, wenn kein Absender sichtbar ist. In diesem Fall wird das fehlende Nachentgelt mittels Blaustift auf der Sendung vermerkt. Dies ist - postalisch betrachtet - die alte Variante. Der Zusteller soll dann diesen Betrag kassieren.
Der Betrag selbst setzt sich seit etlichen Jahren aus dem fehlenden Entgelt und dem sogenannten Einziehungsentgelt zusammen. Beides zusammen ist mit Blaustift auf der Sendung vermerkt. Eine zusätzliche Währungsangabe erfolgt selten.
Aktuell würde es beispielsweise bei einem nicht frankierten Großbrief bedeuten, fehlendes Porto in Höhe von 145 Cent plus Einziehungsentgelt in Höhe von 51 Cent zusammen also 196 Cent die mittels Blaustift als 196 auf der Sendung vermerkt werden. Das Einziehungsentgelt ist übrigens die einzige Gebühr, die seit der Umstellung auf dem Euro nie abgerundet oder aufgerundet oder erhöht wurde. Vor der Eurozeit betrug dieses Entgelt 1 DM die umgerechnet die heute immer noch gültigen 51 Cent ergeben.
Beide erwähnten Varianten werden beim Briefabgang im jeweiligen Briefzentrum von den dortigen AGB-Prüfern bearbeitet. (AGB = Allgemeine Geschäftsbedingungen).
Dieses System hat früher immer sehr gut funktioniert, da der Zusteller ja alle Sendungen beim Sortieren für seinen Zustellgang nochmals in die Hand nehmen musste. Dies wurde aber durch Gangfolgesortiermaschinen schrittweise abgeschafft. Die Gangfolgesortiermaschinen sortieren heute vollautomatisch die Post für den Zusteller so wie er laut Computerberechnung am kürzesten durch seinen Zustellbezirk laufen muss. Diese Maschinen sind zwar in der Lage Einschreiben und Nachnahmen zu erkennen und separat für den Zusteller auszusteuern, sie sind aber nicht in der Lage handgeschriebene Blaustiftvermerke zu lesen und dies separat auszusteuern, so dass der Zusteller diese auch vorher kennt und informiert wäre, wo er Nachentgelt erheben soll. Die Folge ist, dass die mittels Blaustift ausgeworfenen Beträge vom Zusteller nur eher durch Zufall kassiert werden, wie die tägliche Postpraxis zeigt.
Nachentgeltversuche Frühjahr 2014 und Herbst 2015
Aufgrund der zuvor genannten Probleme wurde im Frühjahr 2014 ein befristeter Versuch in allen Briefzentren bezüglich der mittels Blaustift vermerkten Beträge gestartet. Jedes Briefzentrum bekam eine nicht bekannte Menge dunkelblauer Aufkleber mit den Maßen 68 mm lang und 15 mm hoch. Links und rechts von diesen Aufklebern befindet sich ein großes schwarzes Ausrufungszeichen. Dazwischen steht auch in schwarz groß in der ersten Zeile „Achtung Nachentgelt“ und in der zweiten Zeile kleiner Deutsche Post und das Posthorn.
Diese Aufkleber wurden zusätzlich zum Blaustiftvermerk auf der jeweiligen Sendung angebracht, um diese besser zu kennzeichnen.
Aber auch hier bleibt das schon oben erwähnte Problem, das die Gangfolgesortiermaschinen diese Aufkleber nicht erkennen und die Sendungen nicht separat für den Zusteller aussteuern. Die Nachentgeltsendung wird also nur durch Zufall eventuell kurz vor dem Einwerfen entdeckt. Da außerdem die Zeitvorgaben für die Zusteller so knapp bemessen sind, ist ein zusätzliches Klingeln, ein Warten auf den Empfänger, ein Kassieren des Betrages und eventuell eine gewünschte Quittung ausstellen oder bei Annahmeverweigerung einen entsprechenden Vermerk anzubringen schön längst wegrationalisiert.
Der Nutzen dieses zusätzlichen Aufklebers dürfte also nicht besonders groß und das ganze dürfte nicht messbar gewesen sein.
Vermutlich aufbauend auf diesen Erkenntnissen wurde nun im Herbst diesen Jahres ein Folgeversuch gestartet, der zumindest bisher im BZ 40 (Düsseldorf) und BZ 41 (Mönchengladbach) anhand von Belegen nachweisbar ist. Damit die Gangfolgesortiermaschinen die Nachentgeltlabel erkennen, müssen diese entweder einen Strichcode erhalten oder alternativ mit einem Data-Matrixcode versehen werden. Entschieden hat man sich bei dem neuen Versuch nun einen Strichcode zu nutzen. Basierend auf den bekannten Nachnahmelabeln
wurde ein neuer Nachentgeltaufkleber mit der Größe 76 mal 63 mm hergestellt. Auf dem Label selbst befindet sich unter den obersten Wort „Nachentgelt“ eine kurze Kundeninformation, dass die Sendung nicht ausreichend frei gemacht ist. Weiter steht dort, dass zusätzlich zum fehlenden Porto ein Einziehungsentgelt in Höhe von 2,00 Euro erhoben wird. Weitere Informationen erhält man über den Kundenservice Einschreiben und Nachnahme National unter der Telefonnummer 02228-4333112. Es folgt ein blaues Dreieck mit dem Wort Nachentgelt und daneben den Worten Deutsche Post und Posthorn sowie Betrag in Euro und vier Felder zum Eintragen der Summe per Hand. Zum Schluss befindet sich ein großes N für Nachnahme und daneben der passende Strichcode mit der Nummer in Klarschrift.
Angebracht werden diese Label vermutlich auch von den AGB-Prüfern in den Versuchsbriefzentren. Aufgrund der Größe dürfte der Aufkleber vermutlich erst einmal nur auf großformatigen Sendungen testweise eingesetzt werden, denn auf eine Postkarte passt er in keinem Fall. Eine Presseanfrage bei der Deutschen Post AG zu weiteren Details zu diesem Versuch wurde aus angeblich innerbetrieblichen Gründen nicht beantwortet. Die vorhandenen Briefe und Quittungen der Sammler verraten aber schon fast alle Details.
Wer kennt außer den genannten zwei Briefzentren hier weitere BZ wo dieser Versuch läuft und oder kann ergänzende Informationen zu diesem Versuch liefern ?
Postalische Spuren
Erste Belege liegen von den Briefzentren 40 und 41 vor. Welche weiteren Briefzentren in den Test eingebunden sind, ist derzeit nicht bekannt.
Für die Bezahlung der Nachentgelte gibt es eine maschinell erstellte Quittung als Nachnahme. Unterschieden werden muss hierbei, ob die Nachnahme an der Haustür kassiert wurde oder ob es sich um eine Postfachzustellung gehandelt hat. Bei der Haustürzustellung erhält man eine Quittung in Form einer Postsachenpostkarte, auf der auf der Rückseite der gezahlte Nachnahmebetrag und die Nachnahmesendungsnummer gelistet werden.
Diese wird am Nachfolgesystem der Scan-Druckstation ausgedruckt, das auch jetzt im Spätsommer flächendeckend ausgemustert wurde. Hintergrund ist hier die Vereinheitlichung der Geräte und Software bei der Paket- und Briefzustellung.
Bei einer Postfachzustellung erhält man eine ähnliche Quittung nur kommt diese aus dem normalen Schalterquittungsdrucker und hat daher eine andere Form.
Handelt es sich um einen Verbundzustellbezirk, bei dem der Zusteller Briefe und Pakete bringt, sehen die entsprechenden Quittungen beziehungsweise Benachrichtungsvermerke etwas anders aus.
Damit lässt sich über diese Quittungen oder Benachrichtigungen außerdem moderne Postgeschichte belegen.
Resümee
Während Belege aus dem Versuch vom Frühjahr 2014 doch hier und dort flächendeckend zu finden sind, sind Belege aus dem Folgeversuch bisher nicht sehr häufig. Dies liegt vermutlich an einer kurzen Versuchslaufzeit und daran, dass hier nur wenige Briefzentren beteiligt sind. Achten Sie daher auf diese großformatigen Sendungen, wenn Sie in dem Versuchsgebiet wohnen sollten. Mit großer Wahrscheinlichkeit dürfte der Versuch positiv enden. Eine bundesweite Umsetzung könnte schon Anfang 2016 erfolgen. Gleichzeitig damit dürfte das Einziehungsentgelt von sonst bisher 51 Cent auf zwei Euro steigen. Wie diese großen Label allerdings sinnvoll auf kleinformatigen Sendungen platziert werden könnten, ist dem Autor bisher nicht klar, lassen wir uns überraschen, wie die zukünftige Postpraxis aussehen wird.