70 Jahre Postsparbuch in Deutschland
(erschienen in philatelie 385 - Juli 2009)
Das die Postbank in diesem Jahr 100 Jahre wird, werden viele ja schon gelesen haben. Am 1. Januar 1909 hatte die Reichspost dreizehn Postscheckämter gegründet und führte den Postüberweisungs- und Scheckverkehr ein. Dass das sehr bekannte Postsparbuch aber erst zum 1. Januar 1939 in Deutschland das Licht der Welt erblickte, dürfte viele doch überraschen. Aus Anlaß des 70jährigen Jubiläums des Postsparkassendienstes in Deutschland bietet es sich daher an, diesen Teil der Post aus postgeschichtlicher Sicht zu betrachten und die vielfältigen Spuren ansatzweise darzustellen.
Ein Blick in die Anfänge
Die Erfindung des Postsparbuches liegt weiter zurück als viele denken. Bereits im Jahr 1807 schlägt der britische Abgeordnete Samuel Whitbread seinen Kollegen vor, eine Postsparkasse einzuführen, man spottet aber nur über seine Idee. Erst fünfzig Jahre später - im Jahre 1861 - wendet sich das Blatt. Die Britische Postsparkasse (Post-Office Savings Bank) nimmt ihre Tätigkeit auf. Das Sparen erlebt damit vor allem bei der Arbeiterbevölkerung einen enormen Aufschwung. Der Erfolg zieht weite Kreise. Die Kolonien und das übrige Ausland richten ebenfalls Postsparkassen ein - beispielsweise 1865 Australien, 1868 Kanada, 1870 Belgien und 1875 Japan. Auch Österreich beginnt sich für das Postsparen zu interessieren. Der Nationalökonom Georg Coch analysiert 1881, was eine staatliche Spareinrichtung leisten müsse. Im Jahre 1883 zahlen schließlich die ersten österreichischen Bürger ihr Erspartes aufs Postsparbuch ein. Auch sozial schwächere Kreise wie Tagelöhner, Dienstboten und Handarbeiter haben weniger Hemmungen, über die Schwelle eines Postamtes zu treten als die Tür einer Privatsparkasse zu öffnen.
In Deutschland selbst ist das Postsparbuch aber weiterhin unerwünscht. Zwar gibt es wiederholt Versuche unter anderem von Heinrich von Stephan im Deutschen Reich, das Postwesen mit dem Sparwesen zu verbinden. Dies scheitert aber am Widerstand der bereits etablierten Sparkassen und Banken, sie fürchten die unerwünschte Konkurrenz. Daher werden die Bemühungen aus politischen Gründen fallen gelassen.
Am 12. März 1938 marschiert die Reichswehr in Österreich ein und es erfolgt der Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich. Aufgrund dieser neuen Lage, die von den Bürgern gehorteten Gelder der Volkswirtschaft zuzuführen, entschließt man sich, das in Österreich überaus beliebte Postsparbuch im gesamten großdeutschen Reich einzuführen. Mit Erlaß vom 26. August 1938 wird die österreichische Postsparkasse aufgelöst und die Aufgaben dem Postsparkassenamt Wien übertragen. Die Durchführung der Ausdehnung der Postsparkasse auf das Deutsche Reich soll der Reichspostminister Ohnesorge umsetzen. Am 11. November 1938 wird die Postsparkassenverordnung erlassen, die zum 1. Januar 1939 in Kraft tritt.
Auf einen Schlag gibt es rund 55000 über das ganze Reichsgebiet gleichmäßig verteilte Ämter und Amtsstellen der deutschen Reichspost sowie mehr als 26000 Landpostzusteller, wo Postsparkassendienste angeboten werden. Im ersten Jahr werden monatlich etwa 100.000 neue Postsparbücher ausgestellt.
Die Postsparkasse entwickelt sich in der Folgezeit sehr schnell zur Sparkasse des kleinen Mannes. Mit dem Kriegsende bricht auch der Postsparkassendienst zusammen.
Erst nach und nach können die Dienste in den besetzten Zonen wieder aufgenommen werden. In den sechziger Jahren wird das Postsparbuch sogar zum beliebten Reisebegleiter. Seit 1964 zahlen die Österreicher Geld vom deutschen Postsparbuch aus. Viele weitere Länder folgen. Schrittweise kommen auch weitere Sparprodukte auf den Markt. 1967 kann man erstmals Sparen mit vereinbarter Kündigungsfrist, 1970 folgt prämienbegünstigstes Sparen, 1981 Sparen mit wachsenden Zins, 1989 Sparen mit festen Zins.
Durch die Postreform wird die Postbank zum 1 Januar 1990 ein eigenständiges Unternehmen. 1994 wird die Postbank zu einer Aktiengesellschaft, die der Deutschen Post AG gehört. Im Jahr 2004 geht die Postbank an die Börse, knapp 50% werden in Form von Aktien verkauft. In den letzten Jahren gibt es einen Trend, den Postbankdienst von der Post herauszulösen. Bei immer mehr noch vorhandenen Postfilialen wird der Postbankdienst nicht mehr angeboten. Das zu guten Zeiten sehr dichte Netz von rund 18000 Zahlstellen im Bereich der Bundesrepublik wird systematisch ausgedünnt. Der Service, daß zusätzlich über 10000 Landzusteller auch den Postsparkassendienst wahrgenommen hatten, ist heute auch schon längst Vergangenheit. Im September 2008 wird eine Übernahme durch die Deutsche Bank angekündigt, die in mehreren Schritten bis 2012 umgesetzt werden soll. Ob damit das Ende des Postsparbuchs erfolgt, wird die nahe Zukunft zeigen.
Diese 70jährige Postsparkassengeschichte läßt sich nun sehr vielfältig anhand der Bücher, entsprechenden Stempel, Formulare, Werbematerial und anderen Dokumenten belegen. Weiter lassen sich auch mehrere Währungsreformen und oder Umstellungen aus der jeweiligen Zeit damit nachweisen, beispielsweise die Umstellung von der Reichsmark auf die DM oder von der Ostmark auf die DM.
Postsparbücher und Ausweiskarten
Die ersten Postsparbücher stammen von der deutschen Reichspost. Im Laufe der letzten 70 Jahre hat sich das Postsparbuch nicht nur äußerlich sondern auch im inneren entsprechend gewandelt und die Sparbücher aus den unterschiedlichen Zeiten spiegeln nicht nur von außen sondern auch innen die deutsche Postgeschichte wieder. So wird beispielsweise für die Deutsche Post Osten extra ein Postsparbuch für das Postsparkassenamt Warschau für das besetzte Polen herausgegeben.
Beim Postsparbuch selbst handelt es sich um ein Formblatt. Wie bei diesen Formblättern üblich, enthalten diese zumindest bis in die 90ziger Jahre hinein immer auch entsprechende Druckvermerke. Anhand dieser Druckvermerke kann man das Alter der Herstellung gut erkennen, da in diesem fast immer auch der Monat und das Jahr des Drucks festgehalten werden.
Ein- und Auszahlungen werden bis in die 90ziger Jahre hinein mit einem Poststempel bestätigt. Heute allerdings findet man nur noch Computerdrucke in den Postsparbüchern. Stempel von der Postbank werden nur noch in wenigen Ausnahmefällen abgeschlagen oder benutzt.
Sie sind heute in der Regel nur noch auf entsprechenden Anträgen zum Zinsfreibetrag oder anderen Formularen zu finden. Wie lange dies aufgrund des Postbankverkaufs bleibt, wird die nahe Zukunft zeigen.
Zu jedem Postsparbuch gehört eine Ausweiskarte anfangs auch mit Druckvermerken. Im Laufe der Jahre hat sich das Aussehen genauso vielfältig geändert.
Mit Ende des 2. Weltkriegs gibt es je nach Besatzungszone sehr unterschiedliche Umstellungsprozesse. Während in der britischen und amerikanischen Zone schon im Mai 1945 in eingeschränkter Form der Geldverkehr wieder möglich ist, warten die Franzosen in Ihrer Zone noch ab und die Sowjets lehnen eine Wiederaufnahme anfangs ab. Ab Oktober 1945 kann das Sparbuch in der Bizone, ab Oktober 1946 auch in der französischen Zone, ab September 1946 in der sowjetischen Zone je nach Zone in unterschiedlicher Form genutzt werden. Dies macht sich natürlich in den entsprechenden Postsparbüchern jener Zeit bemerkbar. Das Papier ist knapp, die alten Sparbücher werden erst einmal weiter benutzt oder bei Neuausstellungen aufgebraucht. Dabei wird das Hakenkreuz entsprechend unkenntlich gemacht. Bei den Sparbüchern selbst wird auf der Vorderseite beispielsweise ein entsprechender Aufkleber Amerikanische Zone oder Britische Zone aufgeklebt und mit einem Poststempel versehen.
Zusätzlich werden auf den ersten Innenseiten weitere ergänzende Vermerke wie beispielsweise „Ein- und Auszahlungen nur bei Postanstalten innerhalb des Pscha-Bezirks Hannover z.Zt. RPD-Bezirke Hannover u. Braunschweig, sowie die früheren RPD-Bezirke Oldenburg und Minden zugelassen“ angebracht.
Durch den Sonderstatus von Westberlin sind die alten Postsparbücher aus dem deutschen Reich erst einmal bis zum 1. März 1950 wertlos bzw. nicht benutzbar. Erst durch eine Erfassung wird das Guthaben entsprechend der Umstellungsbedingungen anerkannt. In den jeweiligen Besatzungszonen werden neue geänderte Sparbücher gedruckt, auch das Saarland hat eigene Postsparbücher.
Im Laufe der Jahre ändert sich das Design, sei es die Form des Posthorns, sei es die Anordnung wo das Wort Postsparbuch steht oder das beispielsweise die Kontonummer nicht mehr auf der Vorderseite zu sehen ist. Neue Sparformen führen zu weiteren Varianten wie das Postsparbuch Quartalssparen.
Unabhängig von dieser Entwicklung gibt es aber auch vereinzelt Sparbücher, die extra für Lehrzwecke herstellt werden, um die Postmitarbeiter zu schulen, sei es bei der Reichspost oder der Bundespost.
Nicht nur das Äußere der Bücher, auch das Innenleben ist vielfältig und teils sehr spannend. Während des 2. Weltkriegs kann man mit dem Postsparbuch im besetzten Holland oder in einem Feldpostamt Geldgeschäfte tätigen. Es existieren Postsparbücher mit entsprechenden Stempeln Dienstpost Niederlande oder Feldpoststempelabschlägen.
Ab 1964 kann man mit einem deutschen Postsparbuch in Österreich Geld abheben, obwohl es noch keinen Euro gibt, viele weitere Länder folgten. Auslandsverkehr war möglich in Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Island, Jugoslawien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz, Liechtenstein, Spanien und Ungarn.
Solche Transaktionen sind beim Postsparbuch daran erkennbar, daß beispielsweise ein Schweizer Poststempel im deutschen Postsparbuch zu finden ist. In Frankreich, Großbritannien, Norwegen und Schweden sind Abhebungen nur in bestimmten Postämtern möglich.
Für Italien werden statt des Postsparbuchs besondere Rückzahlungskarten erforderlich, die der Kunde spätestens 10 Tage vor Reiseantritt bei einem Postamt im Bereich der Deutschen Bundespost bestellen konnte. Wann dieser tolle Service eingestellt wurde, ist mir leider nicht bekannt.
Zwischenscheine
Wird das Postsparbuch aus irgendwelchen Gründen einmal zur internen Bearbeitung beim zugehörigen Postsparkassenamt (München oder Hamburg - zu Zeiten der Bundesrepublik) eingeschickt, erhält man einen Zwischenschein. Dieser wird in der Regel mit einem Poststempel versehen. Da zu Bundespostzeiten auch die über 10000 Landpostzusteller Postsparkassendienste durchführen, wird hier ein spezieller weißer Aufkleber auf den Zwischenschein geklebt. Den zur Bearbeitung der Einzahlung oder Auszahlung muß das Postsparbuch zur zugehörigen Poststelle mitgenommen werden. Von diesen Scheinen gibt es die vielfältigsten Formen und Varianten im Laufe der Jahre, ohne die unterschiedlichen Druckvermerke zu berücksichtigen.
Außer diesem besonderen Formular gibt es viele weitere wie beispielsweise den Rückzahlschein oder den Kündigungsschein, auf die aus Platzgründen nicht näher eingegangen werden kann. Hier ist bisher noch nichts erforscht, fangen Sie doch an!
Postsachen
Zur Abwicklung des Postsparkassendienstes, der vor Ort am Schalter nicht durchgeführt werden kann, erfolgt die Kommunikation mit dem zugehörigen Postsparkassenamt beispielsweise München in Briefform mittels Postsacheumschlägen diverser Art. Auch hier kann nur ansatzweise die Vielfalt der Postsacheumschlagvarianten vorgestellt werden. Ähnlich wie die Postsparkarten kann dieser Bereich auch eigenständig gesammelt und erforscht werden. Es läßt sich hier beispielsweise belegen, welche Postsparkassenämter es wann gegeben hat.
Zum einen gibt es normale Postsachen ohne Zusatzleistungen der unterschiedlichsten Art. In ihnen werden Fragen von Kunden beantwortet oder der Kunde kann dem Postsparkassenamt etwas gebührenfrei zuschicken. Öfters findet man in Wühlkisten Einschreibpostsacheumschläge, die vom Postsparkassenamt stammen. Man kann hier also die verschiedenen Einschreibzettel des Postsparkassenamtes oder die im Laufe der Jahre geänderten Umschlagvarianten dokumentieren.
Wenn das Postsparbuch zum Postsparkassenamt eingeschickt oder aber von dort wieder an den Kunden zurück geschickt werden muß, geschieht dies in speziellen Wertbrief Postsacheumschlägen, egal ob bei der Bundespost oder der Deutschen Post (DDR).
Eine weitere Besonderheit ist das Geschenksparbuch. Man konnte für einen Verwandten oder Bekannten ein Postsparbuch mit einer Ersteinlage eröffnen. Dieses Postsparbuch kann nun auf Wunsch auch über die Post gratis an den Empfänger per Postsache Wertbrief Eigenhändig zugeschickt werden. Die dazu gehörige Ausweiskarte wird in einem separaten Postsacheumschlag zugeschickt.
Poststempel zum Postsparkassendienst
Zu Werbezwecken für den Postsparkassendienst werden nicht nur Plakate benutzt. Sehr vielfältig ist der Bereich der posteigenen Werbestempel, sei es als Bandwerbestempel oder als Maschinenwerbestempel.
Vereinzelt gibt es sogar entsprechende Sonderstempel zu diesem Thema beispielsweise aus 53 Bonn BPM - Rollende Postsparkasse 28.9.67.
Ein Maschinenwerbestempel lautet beispielsweise „Das Postsparbuch Ihr zuverlässiger Reisebegleiter 54000 Zahlstellen im Bundesgebiet und in Berlin“ - ja das waren noch Servicezeiten, da kann die heutige Postbank nur von träumen.
Ein anderer Werbespruch aus Saarbrücken lautet beispielsweise „Spare bei der Postsparkasse des Saarlandes“. Sie sehen also wie vielfältig auch dieser Teilbereich ist.
Ein Zusammentragen aller Stempel zum Thema Postbank alleine ist schon eine interessante Aufgabe und nicht teuer. Man kann so etwas aber nicht beim Händler im Abo bestellen, sondern muß sich selbst auf die Suche machen. Zwei weitere Beispiele werden als Abbildung gezeigt.
Postsparkarten
Zum Sparen kleinster Beträge werden in den verschiedenen Postsparkassen unterschiedliche Wege der Entgegennahme beschritten. In einigen Ländern gibt es spezielle Postsparmarken. Vielen gemeinsam ist aber eine Karte, in die man diese Sparmarken einkleben kann. Auch die Post hat solche Postsparkarten in der unterschiedlichsten Form herausgegeben. Zur weiteren Förderung zum Sparen gibt es von Anfang an von 1939 bis zur Einstellung am 31. Dezember 1969 diese Karten egal ob bei der Reichspost, kurz nach dem Krieg bei der Deutschen Post des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, der Deutschen Post (DDR) oder der Bundespost.
Hier kann man in der Regel bis zu 3 DM in Briefmarken im inneren verkleben und bekommt diese Summe bei Einlösung auf seinem Postsparbuch gutgeschrieben. Da die Postsparkarten bei Einlösung bei der Post blieben, sind diese selten ganz erhalten.
Bei der Ausgabe wird vorne oft ein Tagesstempel des ausgebenden Postamtes abgeschlagen. Zum 31. Dezember 1969 dürfen letztmals Postsparkartenformulare ausgegeben werden. Mit der Verfügung 627/1983 wird die letztmalige Annahme dieser Postsparkarten zum 31. Dezember 1983 verfügt. Diese werden oft auch für Werbemaßnahmen in vielfältiger Form eingesetzt.
Ein Schwerpunkt dabei ist das Schulsparen mittels Postsparkarte. Dieser abgeschlossene Bereich ist so umfangreich, daß man hier auch ein separaten Sammelschwerpunkt setzen kann.
Resümee
Leider kann in diesem Artikel nur ansatzweise die Vielfalt der Postsparkassendienstes dargestellt werden. Es handelt sich um ein hoch interessantes Sammelgebiet, das bisher sehr wenig bearbeitet wird und auf dem es noch manche neue Erkenntnisse geben dürfte. Sie können diese Belege zwar nicht so einfach beim nächsten Händler kaufen, aber Sie müssen hier keine teuren Summen ausgeben um eine schöne Sammlung aufzubauen. Aber auch die Heimatsammler sollten solche Belege von Ihrem Heimatort nicht vernachlässigen. Beschäftigen Sie sich doch mit diesem nicht alltäglichen Sammelgebiet oder einem Teilbereich daraus wie beispielsweise den Postsparkarten.
Literatur:
1996 ist von den Autoren Günther Steinbock und Hans Ulrich Schulz ein Buch über die Postsparkarte von 1939 bis 1983 erschienen, daß nicht nur zur Postsparkarte sondern auch zum Bereich Postsparbuch und Postsparkassendienst viele interessante Fakten enthält. Das Buch bietet also eine gute Grundlage, sich diesem sehr interessanten und vielfältigen Sammelgebiet zu nähern und damit ausführlicher zu beschäftigen. Das Buch ist noch über die Autoren lieferbar.