Postsendungen aus aller Welt
(erschienen in philatelie 327 - Setember 2004)
Schickt beispielsweise ein Mitarbeiter einer Hilfsorganisation einen Brief an einen Kollegen nach Pyongyang in Nordkorea, so erhält die deutsche Post die entsprechenden Entgelte. Wie oft der Brief dabei bearbeitet und in welchen Flieger er geladen wird, ist dem Kunden egal. Wichtig ist nur das der Brief zuverlässig und möglichst schnell ankommt. Damit dieses tagtäglich weltweit reibungslos funktioniert, sind im Weltpostvertrag die Verfahren des weltweiten Postaustausches festgelegt. Zur Abstimmung dieses Austausches werden zwischen den entsprechenden Postverwaltungen in aller Welt vielfältige interne Schriftwechsel geführt. Die entsprechenden Dienstumschläge landen nach erfolgreicher Ankunft fast immer im Papierkorb der jeweiligen Postverwaltung. Prinzipiell sind sie aber auch eine hochinteressante Quelle zur postgeschichtlichen Entwicklung weltweit und natürlich auch des jeweiligen Landes.
Das Auswechslungsamt
Jedes Land besitzt mindestens ein Postamt das für den grenzüberschreitenden Brief- und Paketverkehr zuständig ist.
Früher gab es diesbezüglich in Deutschland sieben Luftpostleitstellen und 55 Auswechslungsämter. Diese wurden im Rahmen des Briefkonzeptes 2000 schrittweise auf wenige Übergabestellen konzentriert. Nach zweijähriger Bau- und Probezeit wurde dazu 1997 in Frankfurt das Internationale Postzentrum (IPZ) eingeweiht. Im Jahr 2000 wurde das IPZ um eine Zweigstelle in Niederaula erweitert. Dort befindet sich nun das IPZ 2 - zuständig für die Non-Prio-Post, also die nicht eilige Land-Post; während das IPZ 1 in Frankfurt alle Luftpostsendungen und Luftpostpakete bearbeitet. Weiter gab es bis auf einige Besonderheiten wie die Zollausschußgebiete Kleinwalsertal und Büsingen bei einigen wenigen Briefzentren den sogenannten kleinen Grenzverkehr, der aber mittlerweile auch eingestellt wurde. Das IPZ ist nun die einzige Luftpostleitstelle in Deutschland.
Brief- und Paketsendungen die allerdings auf dem Seeweg nach Übersee verschickt werden oder von dort unterwegs nach Deutschland sind, werden in der Internationalen Seepoststation (ISPS) in Hamburg umgeschlagen. Weiter gehören diesem Verbund die fünf internationale Frachtpoststationen (IFS) Leipzig, Hannover, Köln, Speyer und Nürnberg an, die für den Austausch von Paketsendungen auf dem Landweg zuständig sind. Über dieses Netz werden so jährlich über eine Milliarde Briefsendungen und über 20 Millionen Päckchen und Pakete in ein- und abgehender Richtung befördert.
Dazu führen diese acht großen Umschlagstellen einen regen Schriftwechsel zur Koordination des weltweiten Postversandes. Da laut Weltpostvertrag die Amtssprache französisch ist, lautet die Adressierung natürlich „Bureau d´ e´change des postes d .....“. Oft sieht man aber auch englische Adressierung „The Exchange Office of ...“ oder einfach nur „post office ....“ Die weiteren Angaben können sehr ordentlich mit einer kompletten korrekten Anschrift mit fünfstelliger Postleitzahl sein oder auch nur den Ortsnamen Frankfurt enthalten.
Dies führt natürlich zu Problemen bei der Sortierung und erfordert erst eine entsprechende Sonderbearbeitung für die korrekte Anschrift. Dazu wird die Post vom IPZ 1 in Frankfurt zum IPZ 2 in Niederaula transportiert und dort im Bereich Nachbearbeitung von Sendungen mit Anschriftenmängeln (NASA) maschinell oder manuell aufbereitet zu werden. Dies passiert generell mit allen Briefen mit mangelhafter Anschrift aus aller Welt nach Deutschland. So passieren bis zu 48000 Sendungen mit Anschriftenmängeln dort tagtäglich die 72 Kodierplätze.
Nur dort gibt es in Deutschland eine spezielle Anschriftenlesemaschine, die nicht nur die Postleitzahl kodieren kann sondern diese auch zusätzlich in Klarschrift zwei Zentimeter über der Kodierung aufspritzt. Die Maschine kann nicht nur Standard- und Kompaktbriefe sondern auch C5-Formate entsprechend bearbeiten. In der Regel wird aber die Sendung beim ersten Durchlauf gefilmt und gleichzeitig mit einem kurzen Identcode ungefähr zwei Zentimeter über der normalen Kodierzone gekennzeichnet. Diese Datensätze werden an Bildschirmplätzen nachbearbeitet und ergänzt.
Nach einiger Zeit werden die Sendungen erneut in die Anschriftenlesemaschine eingeführt und über den Identcode kann der restliche Datensatz (komplette Kodierung und Klarschrift-Postleitzahl) maschinell ergänzt werden. Die manuelle Anschriftenkorrektur erfolgt mittels eines weißen Adressaufklebers der in den oberen zwei Zeilen die Angabe „Sendung nachadressiert wegen unkorrekter Anschrift - Bitte Absender verständigen - Deutsche Post“ und die Ortsangabe dieser Nachbearbeitung beispielsweise „IPZ 2“ enthält. Darunter steht dann der Name und die Postleitzahl und der Ort. Falls keine ausreichenden Daten laut Computerprogramm auffindbar sind, erfolgt der Vermerk „Retour /Zurück / Return - Adresse insuffisante / unzureichend - insuficient adress“
Die Dienstumschläge
Egal ob Krieg oder Frieden ob Armut und Not oder geschichtliche Veränderungen erfolgt sind, die Umschläge sind so vielfältig und aussagekräftig wie die aktuelle Welt. Genauso vielfältig sind die Papiersorten und Formate. In der Regel handelt es sich aber um C5-formatige Sendungen, es wurden aber auch Formate von bis zu 34,1 cm mal 40, 2 cm aus Syrien gesichtet - zum Vergleich ein B4-formatiger Brief hat 35,3 cm mal 25 cm.
Die afghanische Post benutzt beispielsweise alte Postformulare, die zu Umschlägen umfunktioniert wurden. Von dort wurden auch Kartenbriefumschläge (Feuille d´avis) aus Polen aufgebraucht und neu adressiert nach Frankfurt geschickt.
Aus dem Sudan wurde ein Postsache gesichtet, die als Einschreibenpostsache aus Kanada kam, gewendet wurde und nach Deutschland als sudanesische Einschreibenpostsache erneut benutzt wurde. Die Ursachen hierfür kommen uns bekannt vor, sind aber schon lange vorbei. Die Kriegs- und Nachkriegszeit, die Papierknappheit und der Papiermangel und oder die mangelhaften Herstellungsmöglichkeiten und knappes Geld der Postverwaltung waren damals und vermutlich auch heute die Ursachen für diese Maßnahmen.
Aber auch friedliche Veränderungen bezüglich der Landesgrenzen sind sichtbar. Dies trifft besonders auf die ehemalige UDSSR zu, wo viele ehemaligen Republiken nun selbstständige Staaten wurden. Man verwendet nun anfangs oder auch über lange Zeit noch die alten Stempel und Formulare und Umschläge, schrittweise kommen aber auch neue dazu.
Ein Beispiel dazu ist die ehemalige russische Republik Turkmenistan, die zur Zeit immer noch vorhandene russische Ganzsachen als Postsache umfunktioniert.
Es gibt aber auch Postverwaltungen die ehemals geplante Ersttagsbriefumschläge als Postsachen umfunktionieren und aufbrauchen, da Papier vielleicht doch nicht so reichlich vorhanden ist, wie in Deutschland, wo bei einer Umbennung und oder Umstrukturierung oft auch sehr kurzfristig die alten Dienstumschläge durch neue ersetzt werden.
Aber auch die entsprechenden eingedruckten oder zusätzlich aufgestempelten Absenderangaben der ausländischen Postverwaltung weißen auf interessante Entwicklungen hin. Beispielsweise läßt der Name „Post Fiji Limited“ darauf schließen, daß die Post der Fiji-Inseln schon privatisiert ist.
Sogar in einem Poststempel wurde dieser Zusatz „LTD“ gefunden.
Ein anderes Beispiel ist der symbolische Elefantenkopf im Emblem der Elfenbeinküste oder auch Cote d´Ivoire genannt, der bestimmt gut in ein thematisches Exponat passen könnte.
Alternativ wird auch von der einen oder anderen Postverwaltung auf große Anläße durch zusätzliche Embleme hingewiesen - beispielsweise enthalten die portugiesischen Postsachen ein passendes Emblem zur Fußballeuropameisterschaft 2004, während die Griechen auf die Olympischen Spiele 2004 in Athen hinweisen.
Dienstsiegel und Stempel
Die unterschiedlichen Dienstsiegel und Poststempel sind ein weiteres hoch interessantes Teilgebiet. Beispielsweise ist auf der Post aus dem Kosovo immer neben dem Poststempel das zusätzliche Dienstsiegel „United Nations Interim Administraion - Mission in Kosovo“ zu finden.
Bei den Poststempeln ist oft eine Landesangabe vorhanden, die bestimmt nicht am normalen Postschalter des jeweiligen Landes so benutzt wird. Es dürfte sich hier daher oft um nicht alltägliche ungewöhnliche Innendienststempel aus vielen Ländern der Welt handeln. Bei einigen Postsachen aus Peking wird sogar der Stempels mittels Nadeldruckers gleichzeitig mit der Adressbeschriftung angebracht.
Es gibt aber auch Stempel wie beispielsweise aus der Schweiz mit der Angabe AWA Birchen im unteren Stempelteil der für „Auswechslungsamt Birchen“ stehen dürfte. Auch Angaben wie „Transit“ oder „office d´Echange“ (beide Schweiz) oder „Secretaria Madrid“ oder „Reclamaciones“ (beide Spanien) oder „Burean pi de Reclamation“ (Ukraine) oder „Enquetes Reclamations Import“ (Frankreich) oder „Service de la Qualite“ (Russland) oder „Servis de Bulletin de Verification“ (Armenien) oder „Airmail Trafic Center - V.N. Section - Cairo A.P.“ oder „Cairo A.P. Exchange Ord.Out.Put Mail 3“ (beide Ägypten) dürften als Stempelbeschriftung in Poststempeln nicht alltäglich sein.
Schwierig ist aber die Deutung von arabischen oder anderen exotischen Schriftzeichen, vielleicht steckt ja hinter dem einen oder anderen auch so ein ungewöhnlicher Vermerk? Vereinzelt gibt es hier aber auch mehrsprachige Stempel in der Landessprache und in englisch oder französisch wie das Beispiel „Mail Sorting Center Kuwait“ (Kuwait) zeigt.
Resümee
Diese Dienstumschläge sind also aus postgeschichtlicher Sicht eine hochinteressante Fundquelle. Da es sich aber um Sendungen von einer Postverwaltung zu einer anderen handelt, dürften diese selten in Sammlerhände geraten. Somit geht der philatelistischen und postgeschichtlichen Forschung leider eine schöne aussagekräftige Quelle verloren. Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei der Niederlassung Internationale Produktion (IPZ 1) in Frankfurt für die zeitweise zur Verfügung gestellten Innendienstumschläge für postgeschichtliche Forschungszwecke um Ihnen zumindest einen Eindruck von der Vielfalt der weltweiten Kommunikation zu geben.