Warensendung ins Ausland – Warenbrief International
(erschienen in philatelie 467 - Mai 2016)
Bis zum Sommer 2015 war die Warensendung nur im Inland zugelassen. Zwar wurde seit Ende 2012 schon ein sogenannter „Plusbrief Warenversand“ International angeboten, aber dies war nur eine Mogelpackung in Form eines normalen Auslandsbriefs bis 500 Gramm. Im Sommer 2015 wurde still und heimlich die neue Versendungsform „Warenbrief International“ eingeführt, die allerdings nur mit Internetfreimachung zulässig war. Zu Beginn des Jahres wurde die Produktbezeichnung auf der entsprechenden Internetmarke in die heute gültige umbenannt. Anfang Februar 2016 brachte das Produktmanagement Plusbrief eine neue Ganzsache „Warenbrief International“ heraus, der gegen die eigenen AGB verstößt und in dieser Form erst nach einer Anweisungsänderung seit dem 21. März 2016 freimachungstechnisch ohne Nachentgelt zulässig ist. Aus diesem Grunde bietet es sich an, die in dieser kurzen Zeit schon entstandene Vielfalt dieser neuen Versendungsart vorzustellen.
Einführung
Warensendungen ins Ausland waren bis zum 30. Juni 2015 nicht zulässig. Zwar wurde wie in der Einleitung schon kurz erwähnt, für den Auslandsversand ein sogenannter „Plusbrief Warenversand“ vom Produktmanagement Plusbriefe eingeführt. Die Bezeichnung war aber irreführend, denn die AGB (Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Deutschen Post AG) besagen eindeutig zu jener Zeit, dass eine Warensendung ins Ausland nicht zulässig war. In Wirklichkeit handelte es sich vom Porto her um einen ganz normalen Großbrief bis 500 Gramm ins Ausland. Dabei wurde ein Kartonumschlag, der im gewissen Rahmen faltbar war, zusammen mit einem Adressaufkleber mit eingedruckten Briefmarken als sogenannter „Plusbrief Warenversand“ angeboten. Auf dieser Ganzsache (Adressaufkleber) war im kleingedruckten auch angegeben, daß der Kunde im Falle einer Kombination mit der Versendungsform Einschreiben zusätzlich 2,05 Euro zufrankieren musste.
Zum 1. Januar 2014 änderte sich das Einschreibenentgelt von 2,05 Euro auf 2,15 Euro. Normalerweise hätte man daher diesen „Plusbrief Warenversand“ neu auflegen müssen, da die Produktangaben und die angegebenen Preise falsch waren. Dies ist aber keinem aufgefallen und das Produkt wurde bis im Frühjahr 2015 weiter mit falschen Angaben verkauft. Dies deutet darauf hin, das es kein Kassenschlager gewesen sein kann. Erst zu diesem Zeitpunkt wurde dieses Produkt zurückgezogen und eine korrigierte Version (2. Auflage) kam ab Frühjahr 2015 zum Verkauf.
Anfang Januar 2016 mußte das Produkt aber erneut aus dem Verkauf genommen werden, denn seit dem 1. Januar 2016 hatten sich die Entgelte sowohl beim Großbrief Ausland bis 500 Gramm als auch beim Einschreiben geändert. Um weiter Umsatz zu erzielen, wurde das Nachfolgeprodukt "Warenbrief International" als Ganzsache (Plusbrief) mit dem Porto 3,20 Euro aufgelegt und ab Februar 2016 über die üblichen Kanäle verkauft. Dabei kam es aber zu zwei großen Pannen, beispielsweise wurden die eigenen AGB missachtet. Näheres dazu steht im zweiten Abschnitt zu diesem kuriosen Produkt. In der Zwischenzeit hatte man zum 1. Juli 2015 still und heimlich ein neues Produkt "Warenbrief International" angeboten, daß aber nur mit Internetmarken frankiert werden durfte. Erstmals vorgestellt wurde dieses Produkt in einer Presseerklärung rückwirkend vom 5. Oktober 2015 anlässlich der NeoCom Fachmesse für den Versandhandel. Mit der Entgeltänderung zum 1. Januar 2016 wurde dieses Produkt zwar nicht im Preis geändert, aber die in der Internetmarke enthaltene Produktbezeichnung hat sich geändert. Im folgenden Abschnitt wird nun die Geschichte dieser neuen Versendungsform vorgestellt.
Die neue Internetmarkenversendungsform „Warenbrief International“
Wie oben schon kurz erwähnt, wurde zum 1 Juli 2015 das neue Produkt „Warenbrief International“ eingeführt. Dieser kann ausschließlich mit der Internetmarke frankiert werden und kostet seit dieser Zeit bis heute 3,20 Euro. Die Zusatzleistung Einschreiben ist zum Gesamtpreis von 5,35 Euro erhältlich (bis 31. Dezember 2015). Die Produktbezeichnung auf den Internetmarken lautete bis zum 31. Dezember „Ware Prio“, ab dem 1. Januar 2016 lautet sie nun „Warenbrief“.
Gleichzeitig wurde dabei aus das Gesamtlayout der einzelnen Hauptvarianten teils stärker geändert. Beispielsweise ist bei der Option Warenbrief mit Einschreiben ohne Empfänger und Absenderangabe, das R und die Schrift Einschreiben wesentlich größer.
Da im Produktnamen nicht mehr der Luftpostvermerk in Kurzform (Prio) enthalten war, mußte dieser in anderer Form ergänzt werden. Aus Platzgründen wurde er daher je nach Variante an verschiedenen Stellen untergebracht. Bedingt durch diese Änderung ist es vermutlich nicht mehr möglich diese Internetmarke mit einem Motiv zu kaufen, da an Stelle des Motivs nun „Priority“ positioniert wurde.
Bedingt durch diese Randbedingungen ergeben sich folgende mögliche Kombinationen: Internetmarke ohne alles, Internetmarke mit Motiv, Internetmarke mit Absender und Empfängerangabe. In Kombination mit der Option Einschreiben führt dies bis heute zu insgesamt neun oder vielleicht auch zehn verschiedenen Varianten von Internetmarkenlayouts. Außerdem hat sich zum 1. Januar 2016 das Einschreibporto von 2,15 auf 2,50 Euro erhöht, die Variante Warenbrief Einschreiben kostet nun statt 5,35 Euro also 5,70 Euro und ist damit um 50 Cent günstiger als ein entsprechender normaler Einschreibebrief bis 500 Gramm ins Ausland.
Verschickt werden dürfen mit diesem Brief ausschließlich zulässige Waren (z.B. aber kein Gefahrgut wie Lithium-Batterien) . Die Kennzeichnung ist durch die Kurzbezeichnung in der Internetmarke gewährleistet. Die Sendung darf keine schriftlichen Mitteilungen enthalten, allerdings ist eine auf den Inhalt bezogene Rechnung zulässig. Auch Werbematerialien können beigelegt werden. Die Höchstmaße betragen 380 Millimeter * 300 Millimeter * 20 Millimeter. Die Sendung kann verschlossen sein, darf aber zu Prüfzwecken geöffnet werden. Sofern in Länder außerhalb der Europäischen Union gerichtet, ist eine Zollinhaltserklärung beizufügen. Eingeliefert werden kann die Sendung über den Briefkasten, in Filialen oder bei Briefzentren.
Wenn die Sendung gegen diese Bedingungen verstoßen, sind diese als unterfrankierte Briefe international zu behandeln. Obwohl dieses neue Produkt erstmals in einer Presseerklärung vom 5. Okober 2015 angekündigt wurde, war die Nutzung schon von Anfang an besser als erwartet. Kunden, die allerdings das Kleingedruckte der AGB nicht gelesen hatten, das die Frankierung nur mit einer Internetmarke zulässig ist, bekamen ihre bei stichpunktartigen Kontrollen mit Briefmarken frankierten Sendungen mit einem speziell dazu neu eingeführten gelben Aufkleber zurück. In diesem Aufkleber wird ausdrücklich darauf hingewiesen, das diese Versendungsform nur mit Internetmarkenfrankatur zulässig ist.
Die Ganzsache „Warenbrief International“
Das Produktmanagement Plusbriefe wollte scheinbar seinen Umsatz weiter steigern, egal mit welchen sinnvollen oder unsinnigen Produkten und hat ein Nachfolgeprodukt zum sogenannten „Plusbrief Warenversand“ als Plusbrief „Warenbrief International“ herstellen lassen, ohne die eigenen AGB zu lesen. Beim dem Kartonumschlag, der im gewissen Rahmen faltbar ist, handelt es sich um die selben Umschläge, wie beim sogenannten „Plusbrief Warenpack“ L bis 500 Gramm Inland, Entgelt 1,45 Euro, Nachhaltig, ohne Fenster, Steckverschluss, nur das dieser anders bedruckt sind. Diesen vollbezahlten Inlandsgroßbrief, der nicht zugeklebt werden kann, als Warenpack zu bezeichnen, soll wohl nur zur Verwirrung der Kundschaft beitragen. Der selbe Kartonumschlag wurde nun alternativ etwas anders bedruckt. Die eingedruckte Freimachung besteht aus zwei Marken zu 240 und 80 Cent Blumen (Prachtkerze und Kugelprimel), die jeweils links und rechts mit einem Fluoreszenzstreifen versehen sind. Links neben den Marken wurde ein Luftpostaufkleber mit eingedruckt. Ganz links sind Zeilen für die Absenderangabe zu finden sowie der Zusatztip, das eine Kombination als Einschreiben International und Wert International hier noch mehr Sicherheit bieten soll. Links unten ist das Logo der Deutschen Post, sowie der Zusatz „Produktion, Transport und Zustellung: 100 % nachhaltig.“.Dazu wird auf die eigene Internetseite verwiesen, wenn man hier aber das Stichwort „nachhaltig“ eingibt, findet man nur über mehrere weitere Klicks Teilinfos wie die zu Gogreen. Details zu den 100% Nachhaltigkeit bei einem Warenbrief International ins Ausland sind hier aber nicht zu finden, ob beispielsweise die schweizer Post, die die Sendung zustellen muß, dies wirklich 100% nachhaltig macht ?
Rechts unten steht in der zweiten Auflage die Versendungsform und darunter ist ein entsprechendes Anschriftenfeld eingedruckt. Auf der Rückseite befindet sich großformatig eine Zollinhaltserklärung CN 22 mit zusätzlichen Hinweisen zum Ausfüllen, soweit die Beschreibung des Umschlags. Dieses Produkt verstößt aber bis zu einer Anweisung vom 21. März 2016 bezüglich der Freimachung gegen die AGB der Deutschen Post AG, die ausdrücklich besagen, das für diese Versendungsform nur eine Internetmarkenfrankatur zulässig ist.
Wieso man hier nicht entsprechende Internetmarken eingedruckt hat, wie man dies ja an anderer Stelle ohne Probleme erst wenige Wochen vorher bezüglich der Warensendungsettiketten gemacht hatte, entzieht sich der Kenntnis des Autors. Eine entsprechende Presseanfrage zu dieser Problematik wurde bis zum Redaktionsschluß nicht beantwortet. Außer dieser gravierenden Panne, die eigenen AGB zu diesem Produkt, das schon über ein halbes Jahr existierte, nicht gelesen zu haben, gab es eine weitere große Panne. In der ersten Auflage oder Teilauflage wurde vergessen, die Produktbezeichnung „Warenbrief International“ auf den Umschlag zu drucken. Die in den ersten Wochen seit Anfang Februar verkauften Plusbriefe besitzen daher keine Angabe der Versendungsform (1. Auflage).
Wann diese Panne bemerkt wurde und wann diese erste Auflage vom Verkauf zurück gezogen wurde, ist bisher nicht geklärt. Ob es sich dabei nur um eine Teilauflage gehandelt hat und der Rest dann mit Produktangabe bedruckt oder ob der Rest der ersten Auflage vernichtet wurde, ist derzeit nicht bekannt.
Dabei ist besonders das Produktmanagement Plusbrief in letzter Zeit nicht nur in diesem Fall mit merkwürdigen Produktentwicklungen aufgefallen. Ein anderes Produkt „Dreier-Set Plusbrief Standard Einwurf Einschreiben“ wurde um 2,15 Euro überfrankiert auf den Markt geworfen (Werteindruck 2,85 Euro sowie ein aufgekleber SB-Label für 2,15 Euro). Da dies alles kurz vor dem 1. April von Sammlern entdeckt wurde, könnte man fast auf einen Aprilscherz tippen. Es geht hier aber scheinbar nur um die schnelle Mark - die Qualität der Produkte und klare Begriffe und Produktstrukturen sind nicht wichtig, vielleicht soll der Sammler auch nur gemolken werden. Die rechte weiß scheinbar nicht was die linke tut oder bildlich gesprochen: Man sitzt zwar im selben Ruderboot, aber jeder rudert in eine andere Richtung. Wenn das so weiter geht, werden wir zukünftig noch viele merkwürdige neue Produkte kennenlernen.
Postgeschichtliche Spuren und Resümee
Die neue Versendungsform Warenbrief International wird derzeit schon viel besser angenommen, als am Anfang. Dies liegt vermutlich daran, daß man das Produkt endlich nach außen kommuniziert und vorstellt. Echt laufende Belege wird man aber nicht so einfach finden, da entsprechende Sendungen aus dem Ausland selten nach Deutschland zurück kommen.
Bezüglich des kuriosen Produktes Plusbrief „Warenbrief International“, der nach wenigen Wochen schon in zwei Auflagen vorhanden ist, sieht es aus Sammlersicht noch schwieriger aus. Die erste Auflage scheint nach derzeitigen Informationsstand Ende März sehr selten zu sein. Nur kleine Mengen wurden in den ersten Februarwochen von Sammlern bestellt. Portogerecht gelaufen ist der Brief nur als Panne zu betrachten, da er gegen die eigenen AGB verstoßen hat. Besonders interessant sind entsprechende Belege mit Nachentgeltvermerken.
Aufgrund einer Anweisung vom 21. März 2016, daß dieses Produkt „Plusbrief Warenversand International“ existiert und das diese Freimachungsform nun zulässig ist, dürften entsprechende Belege ab dem Folgetag auch als portogerechte nicht beanstandete Sendungen existieren. Zu klären ist noch, wann die Postschalter informiert werden oder wurden, daß an dieser Stelle die AGB geändert wurden und das dieses Produkt nun AGB-konform ist. Weiter müssen die AGB selbst angepasst werden, wann dies geschieht, ist derzeit nicht bekannt.
Wie allgemein bekannt ist, nimmt das Sendungsvolumen von Briefen in Ländern wie Deutschland jährlich um 3 % ab. Der Internethandel kompensiert durch sein Wachstum zwar einen Teil, der ganze „Portokuchen“ wird aber nicht größer, sondern kleiner. Da bei der Deutschen Post AG das Spartendenken überhand genommen hat, versucht jede Sparte (beispielsweise die Sparte Plusbriefe) auf Kosten der anderen (beispielsweise der Philatelie und Filialen) ihren eigenen Umsatz zu halten oder zu erhöhen, egal mit welchen Maßnahmen und neuen Produkten auch immer. Für den Konzern Deutsche Post ist es aber in der Summe maximal nur eine Umverteilung von der linken in die rechte Tasche, denn der maximal mögliche „Portokuchen“ wird aufgrund des sinkenden Briefevolumens nicht größer. Der Kunde fühlt sich auf Dauer bei beiden nicht wohl, statt das alle im selben Boot in die selbe Richtung rudern und so sinnvolle Synergien ermöglichen.