Anschriftenkorrekturen per Label
(Vorabveröffentlichung - erscheint in philatelie 569 - November 2024)
Nicht immer sind die Postanschriften für einen Empfänger ordentlich genug verfasst, damit ein Mensch oder, wie heute fast immer die verschiedenen Briefbearbeitungsmaschinen alles lesen und steuern kann. Deshalb musste hier oft mit zusätzlichen manuellen Aufwand nachgeholfen werden, damit die Sendung doch am richtigen Ziel ankommt. Nun tauchen vermehrt kleine gelbe Zettel mit schwarzer Schrift und einen Matrixcode auf, die neben dem Code die entsprechende aktuelle Zielanschrift erhalten. Zusätzlich befindet sich in der Regel darunter eine mehrstellige Zahl beginnend mit der Zielpostleitzahl der Sendung.
Diese gelben Zettel haben einen mehrfachen Nutzen für die Deutsche Post. Erstellt werden sie an den bundesweit in allen Briefzentren neu eingerichteten DAP-Plätzen. (DAP = Digitaler Arbeitsplatz). Daher bietet es sich an, die bisherige Postbearbeitung bei Anschriftenkorrekturen und deren postalischen Spuren aus den letzten circa 25 Jahren näher vorzustellen.
Einleitung
Zu Zeiten der Postreform vor der Jahrtausendwende wurde noch vieles manuell mittels handschriftlicher Notizen auf Briefen vermerkt. Vereinzelt gab es aber auch Hinweisaufkleber, das die Postleitzahl nicht korrekt und dadurch bedingt die Laufzeit schlechter wäre. Die verbesserte Computertechnik und moderne Labeldrucker führten vor circa 20 Jahren zu einer erste Phase mit ergänzenden Aufklebern.
Diese Aufkleber waren in der Regel für einige Monate auf Großbriefen zu finden. Oben auf dem Label stand die korrigierte Postleitzahl in Klarschrift gefolgt von einen senkrechten Barcode mit versetzten Strichen. Dieser ähnelt vom Aufbau her beispielsweise den amerikanischen Kodierungen mit schwarzer Tinte. Allerdings findet man dann diese Kodierung nicht senkrecht, sondern waagrecht.
Es handelt sich dabei um einen sogenannten „4-State Bar Code (4SC)“, der aus den mittels vier verschieden langer Striche aufgebaut ist (F: Full Bar – langer Strich; T: Track Bar oder Tracker – kurzer Strich in der Mitte; A: Ascending Bar oder Ascender – mittellanger Strich nach unten und D: Descending Bar oder Descender – mittelanger Strich nach oben). Da hier oft sehr unterschiedliche Eigenentwicklungen genutzt wurden, kann dieser Linearcode bisher nicht mit standardmäßigen elektronischen Hilfsmitteln, wie speziellen Apps ausgelesen werden.
Von diesen Label gab es vereinzelt breite weiße Label, in der Regel aber schmale weiße Label auf der einen oder anderen Briefsendung zu finden. Der Vorteil bei diesem System wäre, das es bei der Weiterverarbeitung maschinell lesbar wäre, sofern alles konsequent genutzt worden wäre. Über die Hintergründe dieser kurzen Versuchsphase ist bis heute allerdings wenig bekannt.
Zur ähnlichen Zeit vor circa 20 Jahren gab es speziell in der Außenstelle der internationalen Post in Niederaula (IPZ 2) eine spezielle Standardsortiermaschine, die sogar bis zu C5-formatigen Sendungen lesen und kodieren konnte.
Dies lag daran, das im Ausland der C5-formatige Brief laut Weltpostvertrag noch als Standardbrief zählen und daher in ganz anderen Mengen genutzt und natürlich auch nach Deutschland geschickt wird. Diese spezielle Sortiermaschine konnte nun nicht lesbare Sendungen im ersten Durchlauf mit einem speziellen Identcode (grüner Pfeil) circa zwei Zentimeter über dem normal vorgesehenen Platz kodieren.
Bevor in einem zweiten Durchlauf mit Spezialsoftware die ermittelte PLZ in Klarschrift zusammen mit der richtigen Kodierung mittels Tintenstrahldrucks aufgedruckt wurde, wurden die Daten an Bildschirmplätzen entsprechend vorbereitet. Diese Technik war aber aufgrund der speziell benötigten Sortiermaschine nur im IPZ 2 in Niederaula möglich. Diese Technik wurde aber auch nur einige Jahre genutzt und ist schon lange Postgeschichte.
In diesem Zusammenhang sollte man hier zumindest auch noch die INA Belege kurz vorstellen. INA steht für IT gestütztes Nach-, Rücksende- und Auftragszentrum. Hier werden bis heute an vier verschiedenen Briefzentren in einer speziellen Abteilung entsprechende weiße und teilweise gelbe Aufkleber mit der aktualisierten Anschrift aufgebracht. Die Aufkleber gibt es mit 30 Millimeter oder 50 Millimeter Höhe. Diese Aufkleber können jederzeit vorsichtig von der Sendung abgezogen werden. Dazu werden diese Sendungen im ersten Schritt verfilmt und mit einen Identcode versehen (vergleichbar mit dem Verfahren im IPZ 2 in Niederaula). Anschließend wird der Identcode im zweiten Durchlauf ausgelesen, umgehend mit einem neuen Label mit entsprechenden Angaben beklebt, um beim folgenden Durchgang durch eine Sortieranlagen zum neuen Ziel zuerst kodiert und dann sortiert zu werden. Bei diesen speziellen Stellen handelt es sich um München, Mannheim, Karlsruhe und Köln. Das Auftragszentrum sitzt allerdings nur in München.
Fast zeitgleich fand man auf Briefen, egal ob Standard- und Kompaktbrief oder Großbrief weiße längliche Aufkleber mit Text. Im oberen Teil stand dann beispielsweise „Sendung nachadressiert wegen unkorrekter Anschrift – Bitte Absender verständigen! Deutsche Post und die Bearbeitungsstelle wie beispielsweise IPZ 2“ im unteren Teil stand „ermittelte Anschrift: gefolgt von der Anschrift, der PLZ und der Ortsangabe“.
Von diesen Aufklebern, die fast bis heute genutzt wurden, gab es vereinzelt Aufkleber mit vier Zentimetern Höhe sowie einer Länge von sieben Zentimetern. Die Regel waren aber Aufkleber mit den Maßen sieben Zentimetern Länge und einer Höhe von nur 25 Millimetern. Die Aufkleber wurden in den jeweiligen Nachschlagstellen des Briefzentrums angebracht. Ob diese Aufkleber aber bei der weiteren maschinellen Bearbeitung hilfreich waren und voll maschinell ausgelesen und genutzt werden konnten, ist dem Autor nicht klar.
Diese Sendungen sind aber in der weiteren Bearbeitung, wie der immer häufiger genutzten Gangfolgesortierung nicht maschinenfähig lesbar. Dies führte immer noch zu einem erhöhten manuellen Einsatz, der mit entsprechenden Zusatzkosten verbunden ist. Bedingt durch die vollständige Umrüstung aller Sendungsströme und genutzten Maschinen bei der Auswertung von Datamatrixcodes bot es sich natürlich an, die bisherigen Prozesse so zu überarbeiten, das zukünftig trotz einer manuellen Nachbearbeitung deutlich weniger manuelle Bearbeitungsschritte bis zum Empfänger nötig sind. Es war also nur eine Frage der Zeit, dass man den Matrixcode in diese Aufkleber integrieren würde.
Dieser neue Arbeitsplatz in den Briefzentren wurde in den Briefzentren Chemnitz, Gießen, Fulda, Trier und Kempten ein Jahr pilotiert. Seit circa Anfang dieses Jahres werden nun schrittweise alle Briefzentren bis zum Spätherbst 2024 mit einem, vereinzelt auch mit zwei neuen DAP Arbeitsplätzen ausgestattet. Insgesamt erhalten die 78 Briefzentren 120 neue Arbeitsplätze.
Der neue Arbeitsplatz
Wie man einem Bild der Pressestelle Frankfurt vom einem der beiden neuen Arbeitsplätze im Briefzentrum 60 in Frankfurt entnehmen kann, ist dort ein weißes Schild mit der Abkürzung DAP 2. DAP steht für Digitalisierungsarbeitsplatz. Das Ziel dieses Arbeitsplatzes ist es, den Anteil der Sendungen, die derzeit manuell in der Resthandsortierung bearbeitet werden, wieder der maschinellen Bearbeitung zuzuführen. Dadurch soll der Anteil an nicht maschinenlesbaren Briefsendungen deutlich reduziert werden. Es handelt sich dabei um Sendungen, die nicht maschinenlesbar, aber maschinenfähig sind, wie zum Beispiel uncodierbare Sendungen oder Fehlleitungen.
Über den Bildschirm befindet sich ein schwarzer Arm mit der Aufschrift „Körber“. Körber ist ein international führender Technologiekonzern mit 12.000 Mitarbeitern an über 100 Standorten. Ein Teil dieses Konzerns beschäftigt sich mit „Supply Chain“, also mit Logistik und Lieferketten, dazu gehören auch Paket- und Brieflösungen. 2022 hatte Körber den Bereich von Siemens Logistics übernommen. Siemens ist dem einen oder anderen Postgeschichtler ja beispielsweise durch die Sortiermaschinen für die Deutsche Post bekannt. Auch die heute noch in die Jahre gekommene Aufstell- und Stempelmaschine AM 990/91 stammt von Siemens beziehungsweise wurde anfangs von AEG aufgekauft.
In diesem schwarzen Arm von der Firma Körber befindet sich eine Kamera, die durch eine OCR-Lesung ein Codierergebnis erzeugt. Mittels PC und Tastatur kann dieses Ergebnis gegebenenfalls noch angepasst werden. Rechts auf dem Bild sieht man einen Labeldrucker, der diese neuen gelben Label mit Matrixcode auswirft. Anschließend wird das erzeugte Label auf die Sendung geklebt. Durch den Matrixcode ist es nun bei der weiteren Bearbeitung wieder jederzeit leicht lesbar. Die Deutsche Post bezeichnet diesen Vorgang als „Heilung“. Diese so geheilten Sendungen können nun anschließend auch maschinell bis zur Gangfolgesortierung verarbeitet werden.Während früher der Zusteller die Sendungen für seinen Bezirk morgens erst manuell je nach Laufrichtung sortieren musste, wird dies heute immer öfter oder fast ausschließlich von teils speziellen Gangfolgesortieranlagen (vereinzelt von der Firma Siemens, öfters aber von der Firma Solistic) vorsortiert dem Zusteller morgens angeliefert. Er muss diese dann nur noch in seinem E-Bike einladen und losfahren.
Die gelben Label mit Matrixcode
Nach den bisherigen Informationen und vorhandenen Bildern scheint es drei verschiedene Teilbereiche zu geben, für die diese neuen gelben Label genutzt werden sollen. Der erste Fall dürfte der häufigste Vorgang sein, den hier werden die Anschriften, die eine Maschine aus welchen Gründen auch immer, nicht richtig lesen konnte, ergänzt und zusätzlich sicher durch einen Matrixcode erfasst. Im zweiten Fall geht es um Nachsendungen wegen Umzugs, hier steht dann über dem Klarschriftteil noch „Nachsendung“. Der dritte Teil soll den Bereich „Rücksendung“ betreffen, hier müsste dann oben auch der Grund, also „Rücksendung“ zusätzlich ausgedruckt werden.
Die Label haben eine Länge von 65 Millimeter und eine Höhe von 25 Millimeter mit abgerundeten Ecken. Links befindet sich der Datamatrixcode mit 12 mal 12 Millimeter mit einer Größe von 20 x 20 Pixeln. Daneben befinden sich im Klarschriftteil die Grundinformationen, in der Regel die Zieladresse oder zumindest Teile davon. Im unteren Teil befindet sich eine Zahlenfolge, die mit der fünfstelligen PLZ beginnt. Wenn es sich um eine normale Hausanschrift, also Straße und Hausnummer handelt, sind diese in der selben Form wie bei den Leitcodelabeln im Paketbereich kodiert.
Die Straßenkodierung ist eine dreistellige Zahl. Es folgt eine weitere dreistellige Zahl, die die Hausnummer zeigt, teils durch führende Nullen ergänzt. Der restliche Inhalt ist noch nicht genutzt. Diese Zahlenfolge ist auch ein kleiner Teil des Matricodeinhalts. Da im Briefbereich aber beispielsweise auch eine Postfachzustellung möglich ist, hilft ein direkter Vergleich mit einem Leitcodelabel nicht weiter. In diesen Fällen unterscheidet sich der Inhalt nach der PLZ zu einem immer identisch aufgebauten Leitcodelabel. Vielleicht ist dies ja beispielsweise die Ursache, das man für eine richtige Straßenanschrift eine Umcodierung vornimmt, wie das folgende Beispiel zeigt.
Diese Label sollen aber auch für Nachsendungen nutzbar sein, Beispielabbildungen dafür sind derzeit aber noch nicht vorhanden.
Der Inhalt des Matrixcodes
Mit einer App kann man den Inhalt des gesamten Matrixcodes auslesen. Laut der Analyse von Bernd Hanke, dem Rundbriefredakteur der Arbeitsgemeinschaft Forschung Deutsche Bundespost e.V. liefert die Cognex-App bezüglich der Auslesung des gelben Labels an die Adresse des Autors den folgenden Inhalt:
Aus dem einführenden Buchstaben „DEA“ ist ersichtlich, dass es sich bei dem Label um ein Produkt der Deutschen Post handelt. Die folgende „(„ steht für den Aufruf 3x3x Algorithmus mit der folgenden „2“ als Ergänzung für die Anzahl der Zeichen je Byte. Es folgt die Angabe des Briefzentrums, in dem die Sendung bearbeitet wurde – hier BZ 60. Getrennt durch zwei „1“ folgt der Bearbeitungstag – hier der 9.10. Der nächste Zahlenblock ist noch nicht zuordenbar. Anschließend folgt die Empfänger-PLZ 65779, gefolgt von der Straßenkodierung für Taunushöhe = 258 und anschließend der Haunummer 024 . Die restlichen Angaben sind derzeit noch nicht eindeutig zuzuordnen.
Resümee
Diese neuen gelben Korrektur-Label mit Matrixcode werden wir in Zukunft immer öfters auf Briefsendungen vorfinden. Sie sind ein weiterer Baustein auf dem Weg der Automatisierung bei der Deutschen Post. Die bisherigen weißen Aufkleber mit korrigierter Adresse dürften daher vermutlich schon der Postgeschichte angehören. Auf ihnen war ja oft das jeweilige Briefzentrum, wo diese Aufkleber angebracht wurden, namentlich erwähnt. Auch das neue Label gibt verschlüsselt Hinweise, wo es aufgeklebt wurde.
Das Thema Anschriftenkorrekturen und Nachsendungen ist ein interessantes günstiges kleines Sammelgebiet, das auch von einer Jugendgruppe ohne großen Geldaufwand schrittweise zusammen getragen werden könnte. Gleichzeitig lernt man dabei auch was zur Digitalisierung und Datamatrixcodes. Dazu benötigt man natürlich ein Schmartphone und muss geeignete Apps aussuchen, um diese Matrixcodes auszulesen und zu überprüfen. Hilfestellung findet man hier bei der Arge Briefpostautomation e.V. oder auf dem Internetforum „philaseiten.de“.