Fälschung 145 Cent Schwertlilie
Coautor - Bernd Hanke
(erscheint in philatelie 560 - Februar 2024)
Von der Blumendauerserie sind ja schon einige Fälschungen zum Schaden der Post bekannt. Einige andere wurden hier aber noch nicht vorgestellt. Dies bietet sich nun aber an, da in dem zweiten Artikel die neu aufgetauchte Fälschung 270 Cent „Habichtskraut“ aus der Blumendauerserie interessante vergleichbare technische Merkmale aufweist, die auf dieselbe Fälscherwerkstatt schließen lässt.
Ende 2013 tauchte bezüglich der 145 Cent Blumenmarke mit dem Motiv „Schwertlilie“ erstmals eine nassklebende Rollenmarkenfälschung auf, die später einmal in einem separaten Artikel näher vorgestellt werden soll. Im Sommer 2019 wurde den Autoren von einem Frankaturwarehändler eine zweite Fälschung von nassklebenden 145 Cent Marken „Schwertlilie“ gemeldet. Es handelte sich in diesem Fall um Kleinbogen, in zwei unterschiedlichen Ausprägungen im Offsetdruck.
Diese weisen nun dieselben typischen Fälschungsmerkmale bei den Stanzlöchern auf, wie die neu gefundene 270 Cent „Habichtskraut“. Schon damals führte ein Verdacht nach China, denn bei der dortigen Internet-Verkaufsplattform „Alibaba“ bot eine Druckerei unter anderem diese Kleinbogen und viele andere Briefmarken in großen Mengen an.
Ergänzend dazu hat einer der Autoren bei einem Vortrag einen weiteren gefälschten Kleinbogen 145 Cent Schwertlilie vorgelegt bekommen. Dieser wurde aber mit einer anderen Drucktechnologie (stochastisches Raster) hergestellt. Die Zähnungslöcher wurden aber auch mittels Laserperforation hergestellt. Es gibt somit bezüglich der nassklebenden Kleinbogen zwei verschiedene Rasterverfahren (normales „Raster“, stochastisches Raster), die aufgrund der Perforationsmerkmale allerdings auf dieselbe Fälscherwerkstatt deuten.
Wie sich nun diese drei verschiedenen Kleinbogenfälschungen unterscheiden und welche anderen Merkmale bezüglich der Fälschung 270 Cent „Habichtskraut“ identisch sind wird nun in diesem Artikel näher betrachtet.
Die Druckdetails
Das Original wurde mit Gelb 0 Grad, Cyan 75 Grad Magenta 45 Grad und Schwarz 15 Grad gedruckt. Die erste Fälschung aus chinesischer Produktion wurde zwar bezüglich Gelb auch mit 0 Grad gedruckt, unterscheidet sich aber bei den weiteren Farben (Cyan 15 Grad, Magenta 75 Grad und Schwarz 75 Grad).
Aus dieser Quelle liegen weitere Kleinbogen vor, die sich sogar bei Magenta und Schwarz im Rasterwinkel noch etwas weiter unterscheiden. Ob dies nur an einer unsauberen Produktion lag oder ob hier sogar zwei separate Teilauflagen hergestellt wurden, die später zusammen ausgeliefert wurden ist nicht ganz klar und muss gelegentlich noch näher untersucht werden. Aufgrund des einen oder anderen Detailunterschieds sieht es aber doch nach zwei separaten Teilauflagen aus.
Besonders interessant ist der dritte Kleinbogen, der einem der Autoren nach einen Vortrag vorgelegt wurde. Hier handelt es sich das erste Mal um eine Fälschung, bei der mit stochastischer Rastertechnologie ein Pseudo-Offsetraster beim Druck genutzt wird. Betrachten wir nun einige ausgewählte Bildelemente, die deutliche Details zeigen. Dazu wurde als erstes die linke obere Ecke ausgewählt.
Beim Original links kann man gut erkennbare Rasterlinien des Offsetdrucks sehen. Hier ist der linke und rechte Rand der Marke in Lila gehalten, der obere Rand ist schwarz. Wegen der größeren Strichstärke oben scheint das auch gewollt zu sein. Bei dem mittleren Bildausschnitt kann man kein richtiges Raster erkennen. Das Markenbild sieht hier verwaschen aus. Nur im Bereich der hellen Lücken deuten sich Rasterpunkte an.
Diese Fälscherwerkstatt verfügt offenbar über die Rastertechnologie, stochastische Raster herstellen zu können. Um den Originalzustand der Marken nachzuahmen, werden die kleinen Punkte des stochastischen Rasters zu einem herkömmlichen Offsetraster angeordnet.
Beim rechten Ausschnitt von der chinesischen Fälschung Variante A kann man den Verlauf der Rasterlinien gut erkennen. Zwischen den Rasterlinien Magenta und Schwarz gibt es aufgrund der gleichen Rasterwinkel scheinbar keinen Unterschied. Der Eindruck der schwarzen Farbe täuscht jedoch. Hier liegen die Farben Gelb, Magenta und Cyan übereinander und bilden eine schwarze Farbmischung. Die Randlinien sind hier durchgehend Lila.
Weiter kann man bei der chinesischen Fälschung Variante A und B eine deutliche sichtbare, glänzende Lackierung über der gesamten Marke erkennen. Weitere Erkenntnisse liefert ein Bildausschnitt aus dem Bereich der Blütenlinien.
Bei der echten Marke links oben sieht man detailliert aufgebaute und gut erkennbare Blütenlinien in der Kombination Magenta mit Cyan. Rechts oben gewährleistet die feine Struktur der Rasterpunkte einen hohen Detailierungsgrad in den Linien der Blüte. Bei geschlossenen Flächen wirken sich die kleinen Rasterpunkte jedoch nachteilig aus. Die Flächen wirken dann dumpf und matt und die Farben trennen sich nicht in der Darstellung. Bei der linken unteren Fälschung zeigt sich eine unsicher ausgeprägte Linienstruktur der Blütenlinien mit wenig gelber Farbe. Bei der rechten Fälschung bewirkt die Verschiebung der Farben eine undeutliche Darstellung der Blütenstruktur.
Links bei der echten Marke ist der untere Stiel der Blume gut ausgearbeitet. Der untere Rand der Marke zeigt wieder eine schwarze Linie mit leichten Ansatz von Lila. Zwar sieht dies bei der Fälschung mit stochastischen Raster ähnlich aus, hier wirken die Flächen aber dumpf und matt. Dies liegt an den kleinen Rasterpunkten.
Hier wurde bei der linken Teilauflage beim Stil der Blume mit sehr viel roter Farbe gearbeitet. Links von dem Stiel ist ein schwarzes Farbraster von 15 Grad erkennbar. Rechts vom Stiel hat das schwarze Farbraster einen Winkel von 70 Grad. Der Eindruck auf der rechten Seite des Stiels beruht auf einer optischen Täuschung, dem Übereinander-Liegen der Farben Gelb, Magenta und Cyan. Im rechten Bildausschnitt im Bereich des Stiels ist wieder viel Rot vorhanden. Die schwarzen Raster links und rechts des Stiels verlaufen allerdings auf den gleichen Linien, wie die rote Farbe. Hier handelt es sich auch um eine Farbmischung Gelb, Magenta und Cyan.
Besonders aufschlussreich ist der Vergleich eines Bildausschnitts des Namens „Schwertlilie“. Im linken Ausschnitt sieht man hier die echte Marke, bei der vor allem beim hellen Hintergrund sehr schön die feine exakte dünne schwarze Umrandung der Buchstaben zu sehen ist.
In der Mitte bei der chinesischen Fälschung der Variante B herrscht hier ein wildes Durcheinander, keine schwarze Linie und die verschiedenen Farben (Rot und Cyan) sind mehr oder weniger deutlich gegeneinander verschoben. Dies ist beim Betrachten dieser Variante B mit bloßen Auge leicht am sehr undeutlichen Schriftzug „Schwertlilie“ erkennbar.
Der rechte Teilausschnitt sieht im Vergleich zur mittleren Fälschung relativ gut aus. Um den Namen herum sind keine Rasterfarben zu sehen, was auf die Drucktechnologie (stochastisches Raster) zurückgeführt werden kann. Die Buchstaben selbst sind sauber, haben jedoch keinen Rahmen. Andeutungsweise ist stattdessen im lilafarbenen Bereich eine feine grüne Linie zusehen.
Betrachten wir als weiteres Schriftelement die Wertangabe. Hier sind die Unterschiede trotz entsprechender Vergrößerung nicht so einfach zu erkennen. Daher wurden die Teilausschnitte zusätzlich noch in Rot mit der jeweiligen Variante beschriftet. Vergleichen wir hier zuerst die echte Wertziffer mit der Fälschung mit stochastischen Raster.
Bei der echten Marke links wurde der Wert, wie auch immer der Ländername und oft auch der Rahmen zweifarbig aus Magenta und Cyan ohne Raster gedruckt. Bei der Fälschung rechts mit stochastischen Raster wurde dies auch so umgesetzt. Wenn mal allerdings die Serifen vergleicht kann man teilweise gewisse Unterschiede erkennen, speziell beim Fuß der Zahl eins. Zusätzlich sieht man transparente Lackspuren, die für die UV-Pigmente benötigt wurden.
Die beiden Vergleichsausschnitte oben von der Wertziffer der Fälschungsvarianten A links und B rechts zeigen beide die typischen Lackspuren, für die Fluoreszenzpartikel. Weiter unterscheiden sie sich bezüglich der Serifen in einigen Details. Betrachtet man die Farbe so ist der Unterschied hier am größten. Während die Variante A links zweifarbig Magenta und Cyan gedruckt wurde, ist rechts nur einfarbig Lila gedruckt worden.
Dieser Unterschied sowie einige andere Differenzen zwischen den Fälschungen A und B deuten darauf hin, dass es sich hier mit großer Wahrscheinlichkeit um zwei unterschiedliche Teilauflagen aus derselben chinesischen Druckerei handeln dürfte.
Die Sicherheitsmerkmale UV und Seltene Erden
Bei den echten Kleinbogen befindet sich der UV-Farbstoff im Papierstrich. Die UV-Reaktion ist blassgelblich. Bei der Fälschung der Kleinbogen aus China wurde eine geschlossen aufgetragene Lackierung genutzt, in der der UV-Farbstoff enthalten ist. Dies ist besonders gut an den blauen Streifen am Bogenrand zu erkennen. Die UV-Reaktion ist kräftig gelb. Auch bei dem gefälschten Kleinbogen mit stochastischen Raster wurde der UV-Farbstoff mittels einer geschlossenen Lackierung aufgetragen. Dies führt auch hier zu eine kräftigen gelben UV-Reaktion.
Während die Seltenen-Erden-Pigmente beim Original in der gelben Farbe enthalten sind, sind bei den drei Fälschungen keine Seltenen-Erden-Pigmente vorhanden. Die grüne IR-Reaktion auf die seltenen Erden ist daher nur beim Original innerhalb des Markenmotivs und außerhalb im Bogenrand erkennbar.
Die Zähnungslöcher
Die echten Marken wurden mit Schleifperforation 14 x 13 ¾ hergestellt. Die Spuren der Schleifperforation sind auf der Rückseite gut erkennbar.
Bei allen drei Fälschungen aus China konnte nun auch erstmals eine interessante neue Zähnungsherstellung eindeutig nachgewiesen werden. Hier wurde mit einem Laser von der Rückseite her ein möglichst kreisrundes Loch ausgebrannt. Wäre der Prozess ordentlich geführt worden, würde man von hinten ein leicht konisches Zähnungsloch erkennen. Sind die Proßzessparameter nicht ganz optimal, führt dies dazu, das die konische Seite leichte „Verbrennungen“ aufweist.
Durch Zufall konnte nun im Randbereich eines Kleinbogens 145 Cent Schwertlilie dieses interessante Zähnungsherstellungsverfahren eindeutig nachgewiesen werden, da mangels entsprechender Sorgfalt keine exakte kreisrunde Führung des Laserstrahls erfolgte. Man konnte daher einen an dieser Stelle unvollständig ausgeführten Kreis finden, der in der Lochmitte noch das restliche Papier aufweist.
Ob hier aus Zeitgründen bezüglich der Programmierung des Laserstrahls für kreisrunde Löcher etwas sorglos umgegangen wurde, ist nicht ganz klar. Dies führte weiter dazu, dass die Löcher nicht exakt kreisrund sind. Allen drei hier vorgestellten Fälschungen gemeinsam ist ein konisches Loch mit Brandspuren. Bezüglich der Laserperforation sind die Maße bei dem einen vorliegenden Bogen aus China 14 ¼ x 14 und im anderen Fall 13 ¾ x 14. Dies würde darauf hindeuten, dass es sich hier um zwei Teilchargen bezüglich der Produktion der Fälschungen handelt. Dieses Herstellungsverfahren bietet der Fälscherwerkstatt viel Flexibilität. Man kann so nur durch entsprechende Programmierung leicht je nach beauftragter Fälschung die entsprechende Perforation herstellen, ohne jedes Mal entsprechende Stanzwerkzeuge anzufertigen. Dies senkt natürlich die Herstellungskosten bei der Fälschungsproduktion.
Was die Perforation angeht, weißt die Fälschung mit dem stochastischen Raster auch eine Laserperforation 13 ¾ x 14 auf. Die Löcher sind nicht rund. Auf der Rückseite sind an den Lochrändern entsprechende Verbrennungen nachweisbar. Diese Fälschung könnte also auch in China gefertigt worden sein. Da dies aber bisher die einzige Fälschung mit stochastischen Raster ist, ist diese Schlussfolgerung derzeit noch mit gewissen Fragezeichen zu versehen.
Resümee
Bedingt durch den eindeutigen Nachweis der Laserperforation bei den drei hier vorgestellten Varianten der 145 Cent Schwertlilie, die auch im separaten Artikel über die Fälschung 270 Cent Habichtskraut nachgewiesen werden konnten, kann man diese verschiedenen Fälschungen aufgrund weiterer Indizien bezüglich des Lieferwegs und der dabei eingesetzten Verpackung eindeutig einer der drei großen chinesischen Fälscherwerkstätten zuordnen.
Dies passt auch zu einem Angebot von vor einigen Jahren auf der chinesischen Internet-Plattform „Alibaba“. Dort wurde von einer größeren Druckerei unter anderem auch die nassklebenden Kleinbogen Schwertlilie als herstellbares Produkt angeboten. Wo allerdings der gefälschte Kleinbogen mit stochastischer Rastertechnologie hergestellt wurde, ist derzeit noch nicht klar, denn dies ist die erste nachgewiesene Fälschung in dieser Technologie. Die konischen Löcher mit Brandspuren deuten aber auf China.