Fälschungen Brecht und Insel Mainau
Coautor - Bernd Hanke
(erscheint in philatelie 563 - Mai 2024)
In der philatelie 561 vom März 2024 hatten die Autoren das erste Mal über Fälschungen von Briefmarken mit Matrixcode aus China berichtet. Aus Platzgründen konnten damals nur die drei Marken „Hans im Glück“ (85 + 40 Cent, 100 + 45 Cent und 160 + 55 Cent) vorgestellt werden. Weiter wurde dort auch noch auf die gleichzeitig bekannt gewordenen zwei weiteren Fälschungen 85 Cent Bertolt Brecht und 85 Cent Insel Mainau hingewiesen.
Der Vertrieb
Der Vertrieb dieser neuen Fälschungen erfolgte anfangs ab circa November 2023 über das internationale eBay und ab circa Mitte Dezember auch über das deutsche eBay und deutsche eBay Zwischenhändler. Hier hatte einer im Februar 400 gefälschte Hans im Glück Marken zu 160 + 55 Cent für 560 Euro verkauft. Bei den Direktanbietern aus China gab es in der Zwischenzeit verschiedene Wechsel, mal wurde direkt aus China geliefert, mal kam der Anbieter aus Hongkong.
Teilweise wurden dabei auch schon bekannte Fälschungen wie die zwei nassklebenden Rollenmarken 100 Cent Alpenveilchen und 155 Cent Buschwindröschen (siehe Vorstellung philatelie 548, Februar 2023) mit angeboten. Dieser Anbieter dürfte aber in wenigen Wochen schon wieder verschwunden sein, nach dem Motto „Mühle auf, Mühle zu“. Eine schnelle Sperrung des jeweiligen Accounts ist mit größeren regelmäßigen Zeitaufwand verbunden und wird aus Sicht der Autoren nicht zum Ziel führen. Leichter dürfte die Verfolgung der deutschen Zwischenhändler sein.
Der Postpreis des Angebots vom Zwischenhändler ohne Zuschlag wären hier schon 640 Euro gewesen. Frankaturwarehändler erkennen diese Fälschungen gut und scheiden daher als mögliche Käufer aus. Opfer sind mehr oder weniger briefmarkenfremde Ankäufer, die nur den schnellen Gewinn sehen. Hier hilft vermutlich nur eine Aufklärungskampagne, damit möglichst keiner mehr diese Angebote kauft. Wenn die Fälschungen nicht verkauft werden, ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass keine neuen Fälschungen aufgelegt werden.
Druckdetails Brecht
Die echte Marke „Bertolt Brecht“ ist farblich nicht sehr kompliziert aufgebaut. Sie besteht nur aus den zwei Farben Rot und Schwarz. Dabei wurde die rote Farbe flächig ohne Rasterung über die gesamte Bildseite gedruckt. Mittels eines schwarzen Rasters auf roten Grund wurden die Beschriftung und der Kopf von Bertolt Brecht herausgearbeitet.
Während die echte Marke beim schwarzen Raster mit 45 Grad gedruckt wurde, haben die Fälscher aus China ein Raster mit 15 Grad genutzt. Während die echte Marke unter dem Mikroskop einen eher rotbraunen Farbton erkennen lässt, sieht man bei der chinesischen Fälschung ein kräftiges flächiges rot, das etwas wolkig aussieht. Auch bei der groben großen Schrift sind im Vergleich der echten zur falschen Marke keine signifikanten Unterschiede erkennbar.
Einzig beim Wort „Die“ im Bereich des Grammophons ist bei der Fälschung eine gewisse Passerverschiebung der schwarzen Farbe erkennbar. Zusätzlich wurde ein kleines schwarzes spitzes Dreieck neben dem „i“ von „Die“ weggelassen.
Druckdetails Insel Mainau
Auch bei der Fälschung der Marke „Insel Mainau“ ist es schwierig, deutliche Unterschiede im Vergleich zur echten Marke beim Druck zu finden. Zumindest beim Klostergebäude und der Fähre kann man unter einem USB-Mikroskop Unterschiede erkennen. Betrachten wir daher zuerst das Klostergebäude bei einer echten und einer falschen Marke im Vergleich.
Im Original beträgt der Rasterwinkel bei Magenta 15 Grad, bei der Fälschung wurde mit 45 Grad gearbeitet. Weiter enthält die Fälschung im Gebäude blaue Rasterpunkte, die es beim Original nicht gibt.
Betrachtet man nun die Fähre im Vergleich, so ist die echte Fähre deutlicher zu erkennen. Dies liegt daran, dass sich beim Original die Fähre und das umgebende Wasser aus den Farben Cyan und Magenta aufbauen. Gelb kommt nur ganz spärlich vor.
Bei der Fälschung ist im Gegensatz dazu der Anteil der gelben Farbe viel höher. Zusammen mit Magenta und Cyan ergibt das eine Farbmischung, die an stumpfes, mattes Schwarz erinnert. Die Rasterpunkte sind hier deutlich zu sehen.
Die Schrift „Insel Mainau“ wird beim Original mit einer Sonderfarbe gedruckt. Im Umfeld des Wassers wird dieser Bereich von den anderen Farben frei gehalten. Bei der Fälschung ist die Linienstärke des grünen Anteils zu groß oder zu breit.
Es bildet sich so durch die Überlagerung mit den anderen Farben ein Schatten oberhalb und seitlich der Buchstaben. Zusätzlich tritt eine Passerverschiebung auf. Weiter wirkt die Schrift der Fälschung etwas schlanker und dünner. Dies ist besonders gut beim „s“ und „e“ erkennbar (blaue Pfeile). Weiter fallen bei den falschen Marken der „Insel Mainau“ rund um die Jahreszahl und den Matrixcode gelbe Rasterpunkte auf dem Papier auf (wie dies auch schon bei den Fälschungen „Hans im Glück“ beobachtet wurde).
Die Sicherheitsmerkmale UV und Seltene Erden
Wie fast immer der Fall, wurden die UV-Pigmente (sichtbar unter 365 Nanometer) sowohl bei der Fälschung der Marke „Bertolt Brecht“ als auch der Marke „Insel Mainau“ von den Chinesen mittels einer abschließenden Oberflächenlackierung in ähnlicher Intensität aufgebracht. Bei den echten Marken wird ja, wie allgemein seit Jahren bekannt, ein spezielles Papier mit Oberflächenstrich genutzt. Bei einer Beleuchtung mit 980 Nanometer IR-Licht werden beim Original Seltene-Erden Pigmente zu einer grünen Fluoreszenz angeregt. Bei den Fälschungen fehlt diese Reaktion.
Die Zähnungslöcher
Während die echten Marken (Insel Mainau – Bagel; Bertolt Brecht – Giesecke + Devrient) mittels Stanzung sauber von vorne ausgestanzt wurden und gleichförmige runde Löcher besitzen, sind die Löcher der Fälschung immer mal wieder etwas unrund. Dies liegt an dem Laserperforationsverfahren (siehe philatelie 560, Februar 2024 – Fälschung 270 Cent Habichtskraut), bei dem von der Gummierungsseite her die Zähnungslöcher ins Papier geschnitten werden.
Daher sieht man von hinten ein leicht konisches Loch mit einer mehr oder weniger bräunlichen Färbung im Randbereich, die von einem zu schnellen Laserstrahlschneiden verursacht werden. Weiter hat die chinesische Fälschung, wie schon öfters berichtet, eine gerastert aufgedruckte Gummierung. Betrachtet man einen gesamten gefälschten Kleinbogen, so fällt weiter auf, dass diese nicht exakt bis in den Randbereich durchgezähnt sind.
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Der Datamatrixcode
Das einfachste Erkennungsmerkmal von vorne ist aus Sicht der Autoren der Druck des Datamatrixcodes. Dieser erfolgte bei der Fälschung als flächiges Matrixcodemuster ohne Rasterung im Offsetdruck. Bei den echten Marken wird ja, wie bekannt mittels einer UV-härtenden Polymerfarbe gedruckt. Diese zeigt daher unter dem USB-Mikroskop einen leicht erhabenen glänzenden Eindruck. Diesen glänzenden Eindruck kann man aber auch mit bloßen Auge durch etwas seitlich einfallendes Licht gut erkennen. Bei der Fälschung sieht man hier keinen glänzenden Bereich, sondern nur eine schwarze Fläche.
Die Benutzung
Betrachten wir hier zuerst die Fälschung Insel Mainau genauer anhand vorhandener Daten der Basissendungsverfolgung. Danach tauchten die ersten Marken nachweislich am 8. Januar 2024 im Briefzentrum 70 (Stuttgart) bzw. am 9. Januar 2024 im Briefzentrum 39 (Magdeburg) auf. Bei einer anderen gefälschten Mainau-Marke sind bis zum 27. Februar 2024 mindestens acht verschiedene Daten aus unterschiedlichen Briefzentren zu finden. In einem Briefzentrum ist Mitte März sogar zweimal die selbe Fälschung aufgetaucht und unerkannt in zwei unterschiedliche Zielbriefzentren weiter geleitet worden.
Bei der Fälschung Bertolt Brecht wurden laut Basissendungsverfolgung die ersten gefälschten Marken am 23. Januar 2024 um 23 Uhr 01 im Briefzentrum 46 (Duisburg) erfasst. Weitere Spuren kann man beispielsweise vom 7. Februar 2024 aus Dresden oder vom 12. Februar 2024 aus dem Briefzentrum 51 (Köln Ost) finden. Die bisher letzte Spur stammt vom 13. Februar 2024 aus Duisburg. Die Datenlage ist allerdings dünner, hier lassen sich bisher nur fünf Marken aus dem gefälschten Kleinbogen nachweisen. Der Schwerpunkt der Benutzung lag im Bereich des BZ 46. Das geringere Auftreten dürfte am nicht so einladenden Motiv liegen, das sich nicht so gut verkaufen lässt.
Genauso wie schon bei den Fälschungen Hans im Glück beobachtet, wurden diese Fälschungen scheinbar aufgrund ihres guten Aussehens für echt gehalten und die korrekte Maschinenausschleussung als erkannte Fälschung als Fehler betrachtet. Da selbst erfahrene Briefmarkensammler, denen man sowohl die echten, als auch die falschen Marken vorlegt, eher raten, welche Marken nun die Fälschung sind, dürfte es bei den Postmitarbeitern dieselben Probleme bei der Erkennung geben. Nach entsprechenden deutlichen Hinweisen an diese Sammler, wo man mit bloßen Auge die Unterschiede gut erkennen kann, ist die Unterscheidungsquote deutlich besser geworden.
Resümee
Aus Sicht der Autoren kann man die chinesischen Hersteller nur extrem schwer in China selbst ausschalten. Dies sieht man ja auch bei dem Aufwand, den beispielsweise Automobilhersteller mit gefälschten Ersatzteilen aus China betreiben, um dies zumindest teilweise zu verhindern oder zu reduzieren. Hier hilft nur Aufklärung und rechtzeitige Warnung vor neu gefundenen Fälschungen, damit diese keinen großen Absatz finden. Dieses erfordert allerdings einen gewissen Aufwand. Wenn sich dann für die Fälscher die Kosten für die Herstellung im Vergleich zu den Einnahmen nicht mehr rechnen, wird es keine neuen Fälschungen geben.