Krypto-Markenspekulation – Runde 2

 

(erscheint in philatelie 566 - August 2024)

 

In der Januarausgabe 2024 der philatelie hatte der Autor das erste Mal über „Krypto-Marke Deutschland: Die Praxis“ berichtet. Schon damals war angekündigt worden, das weitere Krypto-Marken folgen sollen. Mit dem dem Versand „II Quartal 2024 – Philatelie aktuell – Neues auf Münze & Marke!“, verschickt im März 2024, kündigte die Deutsche Post neue ausführliche Details zur zweiten Krypto-Marke an. Es handelt sich dabei um die 100 Cent Kölner Dom.

 

Weiterhin wurde im Juni ohne Nennung von Details angekündigt, das im Oktober 2024 die dritte Krypto-Marke mit der Portostufe 275 Cent mit dem Motiv Schloss Neuschwanstein erscheinen soll. Im Rahmen der neuen Regelung, dass die Event-Teams seit Anfang 2024 abwechselnd in den drei Postmuseen Berlin, Nürnberg und Frankfurt zum jeweiligen Erstausgabetag mit einem Verkaufsstand anwesend sind, war der Autor im Rahmen der Erstausgabe der Krypto-Marke Kölner Dom am 6. Juni 2024 im Postmuseum Frankfurt vor Ort, um das Geschehen zu beobachten. Im folgenden Artikel wird nun über diese Praxis rund um die zweite Krypto-Markenausgabe berichtet.

 

 

Die Postankündigung

 

Wie oben kurz angerissen, kamen die neuen Infos einfach mit dem Versand der „Philatelie aktuell“ des zweiten Quartals. Dabei gab es viele interessante neue überraschende Informationen. Weil die erste Ausgabe einer Krypto-Marke „Brandenburger Tor“ mit einer angeblichen Auflage von 250.000 Stück, die drucktechnisch allerdings größer war, immer noch nicht ausverkauft war, wurden die Randbedingungen für die zweite Ausgabe zum schnelleren Verkauf verschärft. Angeblich wurden bisher von der ersten Krypto-Marke noch nicht einmal 100,000 Stück verkauft.

 

Um den Verkauf der zweiten Auflage stark anzuheizen, wurde die Gesamtauflage auf angebliche 100.000 Stück reduziert. Diese Maßnahme war für die Verantwortlichen bei der Post aber noch nicht ausreichend. Daher wurde die Auflage in vier Teilauflagen mit vier unterschiedlichen Farben (Pink 2 Prozent - 2.000 Stück, Blau 10 Prozent - 10.000 Stück, Lila 25 Prozent - 25.000 Stück und Gelb 63 Prozent – 63.000 Stück) aufgeteilt, in der Hoffnung das alles möglichst schnell verkauft werden würde.

Ein lila Markenheftchen Kölner Dom mit den drei Innenseiten, in der Mitte mit den Infos und der Pin, rechts diesmal die Marke
Ein lila Markenheftchen Kölner Dom mit den drei Innenseiten, in der Mitte mit den Infos und der Pin, rechts diesmal die Marke

Zusätzlich wurden vorher insgesamt 500 limitierte 4er-Sets mit allen Farben zum Sonderpreis von 79,90 Euro angeboten. Wie auch beim ersten Mal gab es weiter eine sogenannte „Goldedition“, nun in einer Auflage von 250 Stück, von der pinkfarbenen Variante für stolze 99,90 Euro.

 

Somit wären von der mit 2000 Stück angeblich seltensten pinkfarbenen Variante vorher schon 750 Stück (also 37,5 Prozent) abgezweigt worden. Als Rest für den normalen Verkauf bleiben also nur noch 1250 Stück übrig.

Bildausschnitt des Angebots der Deutschen Post des 4er Presentation-Packs und der Gold-Edition der Krypto-Briefmarke „Kölner Dom“ mit dem Vermerk an der Seite: „erhältlich ab Juni 2024“
Bildausschnitt des Angebots der Deutschen Post des 4er Presentation-Packs und der Gold-Edition der Krypto-Briefmarke „Kölner Dom“ mit dem Vermerk an der Seite: „erhältlich ab Juni 2024“

Bezüglich der zwei speziellen Sondereditionen wurde das „Windhundprinzip“ angewandt. Wer zuerst bestellte, bekam diese Editionen, vorausgesetzt er hatte telefonisch bestellt. Über den einen oder anderen Bestellkanal wurde der Kunde teilweise erst einmal vertröstet, bis er später dann eine Ausverkaufsabsage erhielt. Der Hinweis auf der Information der Post „Erhältlich ab Juni 2024“ war also nicht für alles gültig. Dies haben etliche Spekulanten, die keine Briefmarken sammeln, ausgenutzt, wie entsprechende Analysen bei Ebay Kleinanzeigen und Ebay zeigen. Dort werden diese angeblichen Raritäten (speziell das 4er Farbset) für um die 450 bis 999 Euro angeboten und wurden teils auch schon so verkauft. Erstaunlich ist weiter, das einige wenige Anbieter über alle Varianten in mehrfacher Menge verfügen. Von den 500 Sets dürften so ca. 10 Prozent (50 Sets) auf den Plattformen vorhanden sein. Am Sammeln haben diese Verkäufer kein Interesse, es geht einfach um den schnellen Gewinn und den Wissensvorsprung, der schnellen Bestellung. Der Gewinn beträgt also deutlich über 400 Prozent.

 

Weiter wurde bei der Analyse festgestellt, das sich diese 4er Sets in der Aufmachung deutlich vom Rest unterscheiden. Alle Markenheftchen aus den 4er Sets sind zusätzlich mit drei transparenten Klebepunkten versiegelt. Wann diese Klebepunkte durchfetten, wird die Zukunft zeigen. Bei den einzelnen bei Ebay Kleinanzeigen und Ebay angebotenen Heftchen mit einer speziellen Farbe verhält es sich vergleichbar zu den 4er Sets, teilweise sind die Preise aber am fallen, da es vermutlich nicht so viele zahlungskräftige Käufer gibt.

 

Damit man nicht sehen kann, welche Farbvariante man kauft, wurden alle Krypto-Markenheftchen in einem weißen Umschlag mit Innendruck und zusätzlicher schwarzer Pappe blickdicht in einen nassklebenden Umschlag eingetütet. Der Umschlag wurde zugeklebt und weiter mit zwei transparenten runden Klebepunkten zusätzlich verschlossen.

 Vorderseite des weißen versiegelten Umschlags, in dem sich ein Markenheftchen Kölner Dom befindet
Vorderseite des weißen versiegelten Umschlags, in dem sich ein Markenheftchen Kölner Dom befindet

Man kauft also die Katze im Sack, ohne die Qualität des Markenheftchens auf Beschädigung überprüfen zu können. Weiter gibt es einen Warnhinweis, das durch das Öffnen kein Umtausch mehr stattfinden könnte. Angeblich seien diese Umschläge gemischt. Die Realität sieht aber deutlich anders aus, wie eine Analyse von Meldungen von Käufen von Sammlern ergab. Da die Marken in vier Teilchargen gedruckt worden sind, wurden diese auch entsprechend getrennt farbig abgepackt. Je nach Kiste, die gerade für den Verkauf am Kommissionierplatz in der Versandstelle Weiden steht, wird in der Regel dann reinrassig gelb, vereinzelt auch mal eine der anderen Farben ausgeliefert. Immerhin wurden die Marken bei rechtzeitiger Bestellung diesmal im Gegensatz zur ersten Ausgabe vor dem tatsächlichen Ersttag zur Anfertigung von Ersttagsbelegen ausgeliefert.

 

 

Das Heftchen selbst:

 

Das Format hat sich nicht geändert, gedruckt wird im Rollenoffsetdruck. Im zweiten Druckgang werden im Rollendruck die individuellen Matrixcodes per Tintenstrahldruck angebracht. Anschließend wird alles passend geschnitten und gefaltet und zum Schluss in die weiter oben beschriebenen weißen Umschläge verpackt. Diese wurden dann in passenden Kisten zum Versand an die Post geschickt. Eine Durchmischung wurde in der Druckerei nicht vorgenommen. Im Unterschied zur ersten Krypto-Marke, befindet sich diese Marke diesmal beim aufgeklappten Heftchen auf der rechten Innenseite. Dafür ist die Pin im mittleren Teil zu finden. Damit man diese Pin nicht mittels Durchleuchtung mit einer starken Lampe ohne Freirubbeln auslesen kann, wurde der Sicherheitsdruck deutlich verstärkt. Unter der Marke steht wieder die laufende Nummer.

Links der rechte Innenteil eines lila Markenheftchens mit der fortlaufenden Nummer 39.974, rechts eines gelben Markenheftchens mit der laufenden Nummer 108.878 – der zusätzliche Beweis, das die Auflage deutlich über 100.000 Stück beträgt
Links der rechte Innenteil eines lila Markenheftchens mit der fortlaufenden Nummer 39.974, rechts eines gelben Markenheftchens mit der laufenden Nummer 108.878 – der zusätzliche Beweis, das die Auflage deutlich über 100.000 Stück beträgt

Man könnte diese laufende Nummer aber auch bei einer einzelnen Marke über die Post&DHL App auslesen. Eine einzelne Marke ohne Heftchen ist optisch auf den ersten Blick keiner bestimmten Farbvariante zuzuordnen. Indirekt über das Auslesen der fortlaufenden Nummer kann aber die Marke jederzeit einer bestimmten Farbvariante zugeordnet werden, da diese schrittweise in vier Teilchargen gedruckt wurden.

 

Nach ersten Forschungsergebnissen (Quelle: philaseiten.de) bewegen sich die laufenden Nummern der pinken Variante Gold-Edition im Bereich von 6 bis 196, die restlichen pinken Heftchen im Bereich 288 bis 6144; die der blauen Variante im Bereich von 6261 bis 22.963; die der lila Variante von 24.529 bis 53.758 und die der gelben Variante von 55.840 bis 122.872.

 

An diesen Daten kann man erkennen, dass jeweils einiges mehr je Farbvariante gedruckt wurde, als die offiziell genannte Menge. Beispielsweise existieren bei den pinken Heftchen statt angeblicher 2.000 Stück scheinbar circa 6.000 Stück. Die angeblichen Auflagezahlen und die tatsächlich produzierten Mengen haben also teils mehr als deutliche Differenzen. Solange hier keine transparente Information erfolgt, führt dies alles zu noch mehr Spekulationen.

 

Die Erfassung des NFT wurde ja beim letzten Mal schon ausführlich beschrieben. Daran hat sich nichts geändert. Interessant ist allerdings, das von der ersten Ausgabe „Brandenburger Tor“ bisher nur circa 4.000 Markenheftchen erfasst wurden, also knapp zwei Prozent, mal sehen ob dies beim „Kölner Dom“ ähnlich sein wird. In Köln ist das Motiv teils gar nicht gut angekommen, da das Bild unter anderen ein Gerüst am Kölner Dom zeigt. In der Realität gibt es aber schon seit über zwei Jahren kein Gerüst am Kölner Dom mehr.

 

 

Der Verkauf

 

Der Verkauf dieser Krypto-Marke erfolgt in der Regel über die Versandstelle sowie über die Event-Teams vor Ort. Die Übergabe der Marke erfolgte am Ersttag, den 6. Juni 2024, passend zum Motiv in Köln im Dom Forum. Dazu gab es dort auch einen speziellen Sonderstempel zur „Präsentation Krypto-Marke Kölner Dom“.

Präsentationsstempel Köln – Quelle Stempel & Informationen 12/2024
Präsentationsstempel Köln – Quelle Stempel & Informationen 12/2024

Am selben Tag gab es allerdings auch im Postmuseum in Frankfurt ein Event-Team. Hier gibt es ja seit Anfang des Jahres 2024 eine Zusammenarbeit der Postmuseen mit den Event-Teams. Abwechselnd zwischen Berlin, Nürnberg und Frankfurt ist zum jeweiligen Ersttag immer ein Event-Team im jeweiligen Postmuseum vor Ort und bietet dort Briefmarken an. Teilweise sind diese Termine noch mit ergänzenden Veranstaltungen wie beispielsweise der Übergabe der Playmobilmarke am 1. März 2024 im Postmuseum in Frankfurt verbunden. Die Event-Teams haben dann dazu zum einen einen Tagesstempel (bisher als Gummistempel), sowie einen einmaligen Werbestempel (Stempelplatte) passend zum Ort sowie teils passende Ersttagsstempel (Stempelplatte) dabei. Zusätzlich ist immer der aktuelle Stempel des Monats vorhanden.

Philatelistischer Stempel – Erstverkaufstag 06.06.2024 Frankfurt am Main – Postmuseum auf einem Kompaktbrief mit der Krypto-Marke von der gelben Variante
Philatelistischer Stempel – Erstverkaufstag 06.06.2024 Frankfurt am Main – Postmuseum auf einem Kompaktbrief mit der Krypto-Marke von der gelben Variante

Beim mitgeführten Tagesstempel handelte es sich anfangs immer um einen Gummistempel. Nun hat man nachweisbar seit dem Maitermin in Nürnberg statt eines Gummistempels einen speziellen Fauststempel als Tagesstempel angeschafft und den Mitarbeitern mitgegeben. Mehr als peinlich aber ist das dafür mitgelieferte Stempelkissen am 6. Juni in Frankfurt. Hier hat man ein einfaches blaues Bürostempelkissen mitbekommen, das für solche Stempelungen in keinster Weise geeignet ist.

Der neue Tagesstempel für Frankfurt als Faust-Stahlstempel mit einem ärmlichen Bürostempelkissen
Der neue Tagesstempel für Frankfurt als Faust-Stahlstempel mit einem ärmlichen Bürostempelkissen

Ein richtiges Stempelkissen für Tagesstempel mit passender Farbe ist der Versandstelle als verantwortlichem Ausstatter der Event-Teams anscheinend nicht bekannt. Das ist schon armselig, daher war das Stempeln mit diesem vorhandenen Tagesstempel nur mangelhaft möglich.

 

Bezüglich der Kommunikation, von wann bis wann bei den Postmusen diese Event-Teams anwesend sind, herrscht leider auch noch einige Verwirrung und teils sich widersprechende Daten und Uhrzeiten vor. Mal wurde der Beginn um 9 Uhr 30 angekündigt (Philatelie & Stempel – Ausgabe 12), obwohl das Museum erst um 10 Uhr öffnet, an anderer Stelle war dann von 10 Uhr 30 als Start die Rede. Leider war auf der Museumsseite vom Frankfurter Postmuseum im März 2024 noch nicht über den Termin im Juni zu lesen. Nun sind dort zwar versteckt die weiteren Termine vorhanden, diese wurden aber einem falschen Datum zugeordnet. Die Kommunikation ist also noch stark ausbaufähig, um diese Termine besser zur Werbung für die Philatelie zu nutzen.

 

 

Firmenschrift Delivery

 

Interessant ist der beim Event-Team in Frankfurt eingesetzte neue Tagesstempel (Handstempel in Metallausführung) bezüglich seiner Schrift. Es ist einer der ersten Stempel mit der neuen Firmenschrift „Delivery“, die im Rahmen des „Corporate Design“ seit Anfang 2019 schrittweise in Prospekten, aber auch bei Sonderstempeln (ab 2022) und nun bei Tagesstempeln umgesetzt wird. Bezüglich der Datumszeile wurde bei der Schrift bisher nichts geändert. Die neue Schrift „Delivery“ ist zumindest bei einigen Buchstaben und Ziffern (beispielsweise 1, 6, 9) gut von der bisherigen genutzten Schrift zu unterscheiden.

Links sind alle Ziffern von 1 bis 0 in Delivery Regular zu sehen – rechts – die Postleitzahl des Tagesstempels für das Postmuseum in Delivery
Links sind alle Ziffern von 1 bis 0 in Delivery Regular zu sehen – rechts – die Postleitzahl des Tagesstempels für das Postmuseum in Delivery
Links ist ein Originalabschlag von der Veranstaltung vom 1. März 2024 (Gummistempel) und rechts von der Veranstaltung vom 6. Juni 2024 (neuer Stahlstempel) von Frankfurt zu sehen – bezüglich der PLZ wurden die Ziffern 9 und 6 mit Pfeilen gekennzeichnet, da man hier besonders gut die Unterschiede bei den Ziffern sehen kann
Links ist ein Originalabschlag von der Veranstaltung vom 1. März 2024 (Gummistempel) und rechts von der Veranstaltung vom 6. Juni 2024 (neuer Stahlstempel) von Frankfurt zu sehen – bezüglich der PLZ wurden die Ziffern 9 und 6 mit Pfeilen gekennzeichnet, da man hier besonders gut die Unterschiede bei den Ziffern sehen kann

Bei den Tagesstempeln scheint das bisherige Frühdatum der Einführung der neuen Schrift aus dem Februar 2024 von einer scheinbar relativ neu eröffneten Poststelle zu stammen (39291 Möckern – laut Stempeldatenbank philaseiten.de). Es könnte aber noch frühere Daten geben, halten Sie also als Heimatsammler die Augen offen. Die Stempelforschung hat hier erst begonnen.

 

 

Resümee

 

Betrachtet man beispielsweise auf philaseiten.de, einen Forum für die Philatelie, die Meldungen und Beiträge zu der Krypto-Marke „Brandenburger Tor“ und nun vom „Kölner Dom“, so scheint es, dass das Interesse an dieser Markenform weiter nachlässt. Während bei der ersten Ausgabe noch viele aus Neugier wenigsten eine Krypto-Marke gekauft haben und über ihre Erfahrungen berichteten, sind es nun bei der Marke „Kölner Dom“ nur noch einige wenige Spezialisten. Der Autor vermutet daher, dass auch diese 100.000 Stück trotz zusätzlicher Spielereien mit den Farben nicht ausreichen, um einen schnellen Ausverkauf zu erreichen. Wenn die Sammler außerdem feststellen, das in wenigen Wochen eine weitere Ausgabe erscheint, dürfte dies zu noch mehr Unverständnis führen. Zur Förderung der Philatelie ist dies aus Sicht des Autors der falsche Weg. Viel sinnvoller wäre es stattdessen, endlich den nicht mehr zeitgemäßen Ansatz zu verfolgen, jedes Motiv sowohl nass- als auch selbstklebend herauszugeben. Hier sollte man doch endlich dazu übergehen, ein Motiv entweder nur nass- oder nur selbstklebend zu drucken und zu vertreiben, dies würde der Philatelie wesentlich mehr helfen, als anderen Ländern mit Krypto- oder Porzellan-Marken nachzulaufen, wie die Lemminge im Computerspiel.