20 Jahre Öffnung der Zonengrenze

  (erschienen in philatelie 389 - November 2009)

Zonengrenze in der Rhön
Zonengrenze in der Rhön

 

Die älteren Leser der Zeitschrift philatelie werden mit Sicherheit noch genau wissen, was der Begriff Zonengrenze bedeutet. Die jüngeren hingegen werden mit diesem Begriff wahrscheinlich nicht mehr so viel anfangen können. Gemeint ist die innerdeutsche Grenze, die sich über eine Länge von 1381 Kilometer mitten durch Deutschland zog.

Eine Karte des grenznahen Bereiches in Ost und West aus einem Merkblatt des Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen für Reisen in die DDR von 1975
Eine Karte des grenznahen Bereiches in Ost und West aus einem Merkblatt des Bundesministerium für innerdeutsche Beziehungen für Reisen in die DDR von 1975

 

Am 9. November 1989 fand die berühmt gewordene Pressekonferenz statt, in der in einem Nebensatz die sofortige Reisefreiheit der DDR-Bürger verkündet wurde. Wenige Stunden später standen viele Menschen vor den Grenzübergängen, um ihre neugewordene Freiheit zu testen. Aufgrund der Masse der Menschen wurde eine Grenzübergangsstelle nach der anderen geöffnet, die Mauer - oder wie die älteren Bürger immer noch sagen: die Zonengrenze - war offen. Dieser Artikel soll Anregungen aufzeigen, wie man diese Grenze postgeschichtlich und philatelistisch darstellen kann.

 

 

Einführung

Mit der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands am 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg in Europa. Die Unterzeichnung der deutschen Gesamtkapitulation am 7. Mai im Hauptquartier der Westalliierten in Reims und deren Wiederholung am 8./ 9. Mai im sowjetischen Hauptquartier in Berlin Karlshorst bestätigte den Zusammenbruch der NS-Herrschaft und bedeutete auch das vorläufige Ende der deutschen Staatlichkeit. Auf der Konferenz in Potsdam vom 17. Juli bis 2. August 1945 wurde Deutschland in ein westliches und ein östliches Reparationsgebiet aufgeteilt. Das östliche bestand aus der sowjetischen Besatzungszone. Das westliche bestand aus den drei westlichen Besatzungszonen der Franzosen, der Briten und der Amerikaner mit Ausnahme des Saargebietes.

 

Anfangs war diese Grenze zwischen den verschiedenen Besatzungszonen noch einigermaßen durchlässig, die Ein- bzw. Ausreise im Bereich der sowjetischen Besatzungszone verhielt sich jedoch schon immer etwas komplizierter. Es gab zwar offizielle Möglichkeiten von einer auf die andere Seite zu gelangen, viele Menschen überquerten die Grenze aber heimlich. Dies nicht nur um aus dem sowjetischen Teil zu fliehen, sondern anfangs auch, nur um beispielsweise Fischkonserven von der Küste nach Thüringen zu schmuggeln und so in dieser Zeit zu überleben. Bis zum Jahre 1961 hatten allerdings auch über 3 Millionen Menschen die Flucht ergriffen. Einen weiteren Exodus hätte die DDR nicht lange überlebt. Aus diesem Grunde veranlasste Ulbricht im August 1961 den Bau der Berliner Mauer. Am 13. August 1961 begann in Berlin der schrittweise Aufbau der berühmten Mauer, die sich über eine Länge von 43 Kilometer durch die Stadt und 112 Kilometer im Umland von Berlin erstreckte.

Ansichtspostkarte vom Mauerbau in Berlin und dem berühmten Ulbricht Zitat
Ansichtspostkarte vom Mauerbau in Berlin und dem berühmten Ulbricht Zitat "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten"
Berlin - Kreuzberg - Mauer am Bethaniendamm mit St. Thomaskirche
Berlin - Kreuzberg - Mauer am Bethaniendamm mit St. Thomaskirche
Berlin - Sebastianstr. mit Zeitungsausschnitt vom Januar 1989 mit Honecker Zitat
Berlin - Sebastianstr. mit Zeitungsausschnitt vom Januar 1989 mit Honecker Zitat "Mauer bleibt noch 100 Jahre"
Um zum Schluß zur Berliner Mauer noch einer der berühmtesten Übergänge - Friedrichstraße - Checkpoint Charlie - Bild dürfte so cira Anfang 1970 aufgenommen worden sein
Um zum Schluß zur Berliner Mauer noch einer der berühmtesten Übergänge - Friedrichstraße - Checkpoint Charlie - Bild dürfte so cira Anfang 1970 aufgenommen worden sein

 

Ab Oktober 1961 begann man auch schrittweise die restliche Zonengrenze mit Stacheldraht und Minenfeldern zu sichern. Die Grenzanlagen wurden im Laufe der Jahre immer weiter technisch verbessert und auf den neusten Stand gebracht.

Ein Infoblatt zur Grenze vom Bundesgrenzschutz mit Stand 9/1986 - Vorderseite mit allgemeinen Infos zur Grenze
Ein Infoblatt zur Grenze vom Bundesgrenzschutz mit Stand 9/1986 - Vorderseite mit allgemeinen Infos zur Grenze
Ein Infoblatt zur Grenze vom Bundesgrenzschutz mit Stand 9/1986 - Rückseite mit Skizze zum Aufbau der Grenzanlagen und passenden Erläuterungen
Ein Infoblatt zur Grenze vom Bundesgrenzschutz mit Stand 9/1986 - Rückseite mit Skizze zum Aufbau der Grenzanlagen und passenden Erläuterungen

 

Dies entwickelte sich bis hin zu Selbstschußanlagen, die das Ziel hatten, Flüchtlinge direkt zu töten. Der erste Tote, der von Grenzsoldaten bei der Flucht in Berlin erschossen wurde, war Peter Fechter. Allein an der Mauer in Berlin starben im Laufe der Jahre 136 Menschen.

 

 

Postalische Spuren der Mauer aus Westsicht

Ein schöner Einstieg in dieses Thema sind Ansichtskarten mit Darstellungen der Grenzanlagen. Es ist schon erstaunlich wie viele verschiedene Ansichtskarten aus all den Jahren existieren, die so einen interessanten Einblick - zumindest von der Westseite der Grenze her - zeigen. Allerdings habe ich bisher noch keine Ausstellungssammlung mit Postkarten über die innerdeutsche Grenze gesehen. Dazu folgen einige ausgewählte Karten, um einigermaßen anschaulich diese perfide Grenze darzustellen. Die erste Karte stammt von einer der wenigen Grenzübergangsstellen an der innerdeutschen Grenze in Helmstedt aus dem Jahr 1957 - also noch vor dem Bau der Mauer.

Der bekannte Kontrollpunkt an der Zonengrenze Helmstedt Autobahn in den fünfziger Jahren
Der bekannte Kontrollpunkt an der Zonengrenze Helmstedt Autobahn in den fünfziger Jahren
und der selbe Grenzübergang zur Wendezeit komplett ausgebaut - hier die östliche Seite Marienborn

 

Eine weitere Karte zeigt den Potsdamer Platz nach dem Beginn des Mauerbaus am 13. August 1961. 

Der Potsdamer Platz nach dem Mauerbau aus den sechziger Jahren
Der Potsdamer Platz nach dem Mauerbau aus den sechziger Jahren

 

Die nächsten Karten zeigen sehr deutlich wie über Stock und Stein, Berg und Tal die Mauer quer durch Deutschland lief.

Zonengrenze im Werratal über Stock und Stein mit einer Aufnahme vermutlich aus den achtziger Jahren
Zonengrenze im Werratal über Stock und Stein mit einer Aufnahme vermutlich aus den achtziger Jahren
Der Metalllgitterzaum im Vordergrund und im Hintergrund die Burgruine Hanstein bei Bornhagen im heutigen thüringischen Landkreis Eichsfeld
Der Metalllgitterzaum im Vordergrund und im Hintergrund die Burgruine Hanstein bei Bornhagen im heutigen thüringischen Landkreis Eichsfeld
Ansichtskarte mit der Grenze der DDR - Gerstungen - Untersuhl (DDR) und Wildeck - Obersuh (DDR)
Ansichtskarte mit der Grenze der DDR - Gerstungen - Untersuhl (DDR) und Wildeck - Obersuhl (DDR)
Postkarte von Mödlareuth - auch als Klein-Berlin bekannt bzw. durch einen Fernsehmehrteiler aus dem Jahr 2014 - Ein Teil des Dorfes gehörte zu Bayern, ein anderer Teil lag in der sowjetischen Besatzungszone - hier ging die Mauer mitten durch das Dorf !
Postkarte von Mödlareuth - auch als Klein-Berlin bekannt bzw. durch einen Fernsehmehrteiler aus dem Jahr 2014 - Ein Teil des Dorfes gehörte zu Bayern, ein anderer Teil lag in der sowjetischen Besatzungszone - hier ging die Mauer mitten durch das Dorf !

Noch während der Zeit der Besatzungszeit durch die Alliierten wurde die Grenze an einigen Stellen durch zweiseitige Absprachen korrigiert, um praktikable Lösungen zu erhalten. Beispielsweise verlief die Eisenbahnstrecke von Frankfurt nach Göttingen zwischen Kassel und Göttingen an einigen Stellen durch die sowjetische Besatzungszone. Daher kam es im Wanfrieder Abkommen vom 17. September 1945 zu einem Gebietsaustausch einiger Dörfer. Asbach, Sickenberg, Vatterode, Weidenbach/Hennigerode wurden sowjetisch, während Neuseesen und Werleshausen plötzlich im goldenen Westen wiederfanden. Dies auch anhand postalischer Spuren nachzuweisen ist oft sehr schwierig.

 

Die offiziellen Übergangsstellen der jeweiligen Besatzungszonen blieben über viele Jahre die einzigen Möglichkeiten die Grenze zu passieren. Zu diesen Möglichkeiten gehörte die Reise mit der Eisenbahn, wie es durch ein einfaches Beispiel verdeutlicht werden kann. Die Station Hönebach befand sich als letzter Bahnhof im Westen östlich von Bebra, auf der anderen Seite lag Gerstungen westlich von Eisenach. Anhand entsprechender Bahnpoststempel läßt sich nachweisen, wie der Zugverkehr durch die Teilung zusammengestrichen wurde und vorher durchgehende Hauptbahnlinien jeweils auf beiden Seiten gekappt wurden.

 

Die Westalliierten benutzten nicht nur die Straße und den Luftweg nach Westberlin, sondern auch die Eisenbahn über Helmstedt mit speziellen Militärzügen. Diese Züge nahmen spezielle Behördenpost von Westdeutschland nach Westberlin mit. Hier bestand keine Gefahr, daß die Post auf dem Weg von und nach Berlin durch die DDR kontrolliert wurde und dienstliche Unterlagen ausspioniert wurden. Dies läßt sich zeitweilig anhand entsprechender Briefe belegen.

Dienstbrief vom Notaufnahmelager Berlin Marienfelde (dort wurden Flüchtlinge aus der DDR, die über die Mauer in Berlin geflohen waren erfaßt und dann nach Westdeutschland ausgeflogen) mit passenden Absenderfreistempel als Dienstpost mit speziellen Zug (hier Db 80638) von Westberlin nach Westdeutschland (Coburg) in einem amerikanischen Militärzug
Dienstbrief vom Notaufnahmelager Berlin Marienfelde (dort wurden Flüchtlinge aus der DDR, die über die Mauer in Berlin geflohen waren erfaßt und dann nach Westdeutschland ausgeflogen) mit passenden Absenderfreistempel als Dienstpost mit speziellen Zug (hier Db 80638) von Westberlin nach Westdeutschland (Coburg) in einem amerikanischen Militärzug (Sammlung M. Liebreich)

Wenig bekannt ist, daß es auch Wasserstraßen gibt, die durch die Teilung betroffen waren wie beispielsweise der Mittelllandkanal. Hier lassen sich aber keine Spuren nachweisen.

Ansichtskarte der Gaststätte am Mittellandkanal an der Zonengrenze
Ansichtskarte der Gaststätte am Mittellandkanal an der Zonengrenze
Karte mit den 16 Grenzübergängen teils Eisenbahn, teils Straße oder Autobahn sowie den Transitstrecken durch die DDR nach Westberlin aus einem Merkblatt des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen für Reisen in die DDR mit Datenstand 1975
Karte mit den 16 Grenzübergängen teils Eisenbahn, teils Straße oder Autobahn sowie den Transitstrecken durch die DDR nach Westberlin aus einem Merkblatt des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen für Reisen in die DDR mit Datenstand 1975

 

Nachträgliche Ergänzung: Die 16 Grenzübergänge von Ost nach West von oben nach unten:

 1. Lübeck-Schlutrup / Selmsdorf (Straße)

 2. Lübeck / Herrnburg (Eisenbahn)

 3. Büchen / Schwanheide (Eisenbahn - auch Transitstrecke nach Westberlin)

 4. Lauenburg / Horst (Straße - auch Transitstrecke nach Westberlin)

Einschreibbrief aufgegeben vom Postamt Lauenburg (Elbe) Zonengrenze am 19. September 1962 knapp ein Jahr nach Errichtung der Mauer (Sammlung M. Liebreich)
Einschreibbrief aufgegeben vom Postamt Lauenburg (Elbe) Zonengrenze am 19. September 1962 knapp ein Jahr nach Errichtung der Mauer (Sammlung M. Liebreich)

 5. Bergen (Dumme) / Salzwedel (Straße - nur kleiner Grenzverkehr)

 6. Wolfsburg / Oebisfelde (Eisenbahn)

 7. Helmstedt / Marienborn (Straße - auch Transitstrecke nach Westberlin)

 8. Walkenried / Elrich (Eisenbahn - nur Güterverkehr)

Einschreibebrief von der Grenzkontrollstelle Herzberg an der Eisenbahnstecke mit Grenzübergang Walkenried / Elrich, die nur für Güterzüge genutzt wurde, vom 2. Juli 1968
Einschreibebrief von der Grenzkontrollstelle Herzberg an der Eisenbahnstecke mit Grenzübergang Walkenried / Elrich, die nur für Güterzüge genutzt wurde, vom 2. Juli 1968

 9. Duderstadt / Worbis (Straße - nur kleiner Grenzverkehr)

10.Herleshausen / Wartha (Straße - auch Transitstrecke nach Westberlin)

Grenzübergang Herleshausen (Bild links oben) kurz vor Erichtung der Mauer und der Minenfelder mit Stacheldraht - Bild circa 1960 aufgenommen - Karte vom 2. August 19961
Grenzübergang Herleshausen (Bild links oben) kurz vor Erichtung der Mauer und der Minenfelder mit Stacheldraht - Bild circa 1960 aufgenommen - Karte vom 2. August 19961

11. Bebra / Gerstungen (Eisenbahn - auch Transitstrecke nach Westberlin)

Ansichtskarte vom Grenzübergang Bebra / Gerstungen - Blick auf B-Turm an der Bahnlinie sowie Rodungsarbeiten vor dem Metallgitterzaun und verkleinerter Ausschnitt - Interzonenzug fährt gereade über die Grenze in den Westen
Ansichtskarte vom Grenzübergang Bebra / Gerstungen - Blick auf B-Turm an der Bahnlinie sowie Rodungsarbeiten vor dem Metallgitterzaun und verkleinerter Ausschnitt - Interzonenzug fährt gereade über die Grenze in den Westen

12. Eußenhausen / Meiningen (Straße - nur kleiner Grenzverkehr)

13. Rottenbach / Eisfeld (Straße - nur kleiner Grenzverkehr)

14. Ludwigsstadt / Probstzella (Eisenbahn - auch Transitstrecke nach Westberlin)

Brief mit interessanten Absender
Brief mit interessanten Absender "Grenzkontrollstelle 8642 Ludwigstadt /Ofr. Bahnhof" nach Westberlin aus dem Jahr 1967
Briefausschnitt mit Bahnpoststempel München - Probstzella vom 2. Oktober 1958 - dies war noch vor dem Mauerbau
Briefausschnitt mit Bahnpoststempel München - Probstzella vom 2. Oktober 1958 - dies war noch vor dem Mauerbau

15. Rudolfstein / Hirschberg (Straße - auch Transitstrecke nach Westberlin)

16. Hof / Gutenfürst (Eisenbahn - auch Transitstrecke nach Westberlin)

 

Ganz anders sieht es bei den Straßenverbindungen aus. Getrennt wurden drei Autobahnen, 31 Bundesstraßen, 80 Landstraßen erster Ordnung, 60 Landstraßen zweiter Ordnung sowie viele tausende öffentliche Gemeindewege und private Wirtschaftswege. Der wohl bekannteste Grenzübergang ist Helmstedt auf westlicher Seite und Marienborn auf östlicher Seite.

überfrankierter Inlandsbrief (aber Marke passt zum Sonderstempel) mit Sonderstempel Marienborn - anläßlich des 20. Jahrestages der Grenzöffnung in Ungarn, als wichtiger Schritt zur entgültigen Grenzöffnung 2 Monate später
überfrankierter Inlandsbrief (aber Marke passt zum Sonderstempel) mit Sonderstempel Marienborn - anläßlich des 20. Jahrestages der Grenzöffnung in Ungarn, als wichtiger Schritt zur entgültigen Grenzöffnung 2 Monate später

Dies ist gleichzeitig der offizielle Grenzübergang für die Alliierten Streitkräfte nach Berlin. Daher gibt es schon von 1947 erste Ansichtskarten vom Grenzübergang Helmstedt Zonengrenze.

 

Abgefertigt wurde dort der Berlin-Transit, Reisende in die DDR und andere Ostblockstaaten sowie westalliiertes Personal. Moderne Kommunikationsmittel wie Handy und SMS gab es noch nicht, also benötigte man die Post um mittels Karten, Telegrammen oder öffentlichen Telefonzellen schnell Nachrichten zu übermitteln. Am 1. Dezember 1949 nahm daher das Zonengrenzpostamt Helmstedt seinen Dienst auf. Der dort eingesetzte Tagesstempel lautete 20b Helmstedt Zonengrenze.

 

Später kam auch das Geldwechselgeschäft von DM Ost in DM West dazu. Es wurden maximal 30 verschiedene Währungen gehandelt. Das kleine Postamt in Helmstedt war in dieser Hinsicht das drittwichtigste in der Bundesrepublik nach dem Flughafenpostämtern Frankfurt und München.

Einschreiben mit Werbezudruck zur Zonengrenze Stempel 3331 Helmstedt Zonengrenze Gem. Helmstedt 2. Oktober 1962 sowie passender Einschreibzettel
Einschreiben mit Werbezudruck zur Zonengrenze Stempel 3331 Helmstedt Zonengrenze Gem. Helmstedt 2. Oktober 1962 sowie passender Einschreibzettel (Sammlung M. Liebreich)

Ab dem 1. März 1966 änderte sich die Inschrift in Helmstedt Autobahn, ab November 1977 war es nur noch Helmstedt 7. Der letzte Tag dieses ungewöhnlichen Postamtes war am 31. Dezember 1991. Speziell zu dem Grenzübergang Helmstedt - Marienborn hat Herr Helmut Mocha ein sehr informatives knapp 60 seitiges Heft über die Post in einem deutsch - deutschen Grenzbereich veröffentlicht.

 

Es gibt aber noch weitere Orte wie Lauenburg (Elbe) und Töpen über Hof (Saale), die zeitweilig in Ihrer Stempelinschrift den Hinweis Zonengrenze führten. Aber auch die dortigen Einschreibzettel und Wertzettel wiesen zum Teil solche Hinweise auf. Bedingt durch ein Abkommen zwischen den beiden deutschen Staaten zum Wiederaufbau der zerstörten Autobahnbrücke wurde der Übergang Töpen durch den Kontrollpunkt Rudolfstein - Hirschberg ersetzt. Dort gab es zeitweilig auch ein Postamt ähnlich dem in Helmstedt. Der Stempel dort lautete 8671 Hof Autobahn.

Drucksache mit seltenen Tagesstempel 13a Töpen Zonengrenze über Hof (Saale) vom 19. Januar 1959
Drucksache mit seltenen Tagesstempel 13a Töpen Zonengrenze über Hof (Saale) vom 19. Januar 1959
Quittung für Einzahlungsseine aufgegeben am Grenzübergangspostamt Hof Autobahn im Jahr 1983
Quittung für Einzahlungsseine aufgegeben am Grenzübergangspostamt Hof Autobahn im Jahr 1983 (Sammlung M. Liebreich)

Natürlich läßt sich die Grenze auch indirekt durch entsprechende Zolldienststellen, auf Interzonenhandel spezialisierte Speditionen direkt über Absenderfreistempel oder indirekt über entsprechende Absenderangaben von Briefen nachweisen.

Brief von der Grenzkontrollstelle Bebra (Eisenbahn) an eine Firma in Westberlin abgeschickt am 28. September 1970
Brief von der Grenzkontrollstelle Bebra (Eisenbahn) an eine Firma in Westberlin abgeschickt am 28. September 1970

Von Westseite aus wurde die Grenze vom Bundesgrenzschutz überwacht, der an machen seiner Dienststellen auch Absenderstempel einsetzte. Selbst nach Ende der Teilung gibt es immer noch Stempel, die auf die ehemalige Grenze hinweisen, wie ein Maschinenstempel zum Zonengrenzmuseum Helmstedt.

AFS-Ausschnitt vom Grenzdurchgangslager Friedland, das auch eines der ersten Auffanglager für Flüchtlinge aus der DDR war
AFS-Ausschnitt vom Grenzdurchgangslager Friedland, das auch eines der ersten Auffanglager für Flüchtlinge aus der DDR war

 

 

Spuren der Grenze vom Osten her

Aus Sicht der DDR ist über die innerdeutsche Grenze aus postgeschichtlicher und philatelistischer Sicht nicht so viel zu finden. Ansichtskartenmotive sind bis auf das Brandenburger Tor nicht bekannt. Bei manchen Belegen benötigt man jedoch einfach nur gewisse Kenntnisse über die Grenze und die zugehörigen Grenzübergangsstellen, um den Beleg richtig zuordnen zu können. Dokumentieren läßt sich die Grenze von östlicher Seite beispielsweise durch ZKD Belege von Zolldienststellen wie dem Grenzzollamt 9902 Gutenfürst oder der Spedition VEB DEUTRANS mit passenden Absender. Bei Gutenfürst handelte es sich um den Eisenbahngrenzübergang von östlicher Seite auf der Strecke Berlin - Hof - München.

 

ZKD-Beleg von der Zollverwaltung Grenzkontrollamt Marienborn Autobahn aus dem Jahre 1966
ZKD-Beleg von der Zollverwaltung Grenzkontrollamt Marienborn Autobahn aus dem Jahre 1966

 

In Marienborn gab es zeitweilig sowohl am Eisenbahngrenzübergang als auch an der Autobahn ein eigenes Postamt. Genauso wie das Autobahnpostamt in Marienborn zeitweilig den Zusatz Autobahn im Stempel führte, gab es diesen Zusatz auch am Postamt 6551 Göritz kurz vor Hof.

 

Einschreiben vom Postamt Marienborn Autobahn Kr. Oschersleben vom 15. Juni 1958 (Sammlung M. Liebreich)
Einschreiben vom Postamt Marienborn Autobahn Kr. Oschersleben vom 15. Juni 1958 (Sammlung M. Liebreich)
Einlieferungsschein vom Grenzpostamt 6551 Görlitz Autobahn vom 29. Dezember 1968 (Sammlung M. Liebreich)
Einlieferungsschein vom Grenzpostamt 6551 Görlitz Autobahn vom 29. Dezember 1968 (Sammlung M. Liebreich)

Später ließen sich diese Postämter nur über die Ortsnamen und bekannten Unterscheidungsbuchstaben sauber zuordnen. Eine weitere Quelle sind Stempel mit politischen Inhalt aus der DDR.

Brief mit Absenderfreistempel mit politischen Inhalt aus dem Jahre 1952 aus Leipzig, wo man noch die
Brief mit Absenderfreistempel mit politischen Inhalt aus dem Jahre 1952 aus Leipzig, wo man noch die "Deutsche Einheit" gefordert hat (allerdings nicht so, wie man sich das im Westen vorgestellt hat) - im Motivteil ist ein Arbeiter mit einer Gusskanne dabei die Zonengrenze zu gießen - dies ist der mir bisher einzig bekannte Stempel aus der DDR, der die Zonengrenze bildlich darstellt

Ein früher Maschinenstempel aus Schwerin vom 30. September 1949 hat folgende Werbung“ Keine Zonengrenzen Ziel der Nationalen Front“. Typisch für Postbelege aus den frühen 50ziger Jahren ist oft auch ein zusätzlich angebrachter Nebenstempel mit politischen aktuellen Losungen jener Zeit wie „Der Friedensvertrag beseitigt Zonen- und Sektorengrenzen und die Währungsspaltung“.

Vorderseite einer Postwurfsendung an alle Potsdamer Haushalte mit dem Slogan
Vorderseite einer Postwurfsendung an alle Potsdamer Haushalte mit dem Slogan "Die Zonengrenzen müssen fallen!" - vermutlich aus dem Jahr 1948 laut Druckvermerk

Sonderstempel zu den Grenztruppen der DDR liefern indirekte Spuren zur Grenze.

Sonderstempel einer Briefmarkenausstellung aus Bestensee aus dem Jahre 1981, der einen Grenzsoldaten und einen Grenzpfahl zeigt sowie die Inschrift
Sonderstempel einer Briefmarkenausstellung aus Bestensee aus dem Jahre 1981, der einen Grenzsoldaten und einen Grenzpfahl zeigt sowie die Inschrift "35 Jahre Grenztruppen der DDR"

 

Passierscheine für den Aufenthalt im Sperrbezirk oder Reisepässe mit Visumsstempeln liefern weitere Nachweise der Teilung, auch wenn es sich hier nicht direkt um philatelistische oder postgeschichtliche Nachweise handelt.

Passierschein für den vorübergehenden Aufenthalt in der Speerzone auf Ostseite mit genauer Angabe von wann bis wann er sich dort aufhalten durfte
Passierschein für den vorübergehenden Aufenthalt in der Speerzone auf Ostseite mit genauer Angabe von wann bis wann er sich dort aufhalten durfte
Zur Ergänzung noch die Rückseite des eben gezeigten Passierscheins für einen befristeten Aufenthalt im Sperrgebiet
Zur Ergänzung noch die Rückseite des eben gezeigten Passierscheins für einen befristeten Aufenthalt im Sperrgebiet
Einschreiben aus Oebisfelde mit interessantem Absender
Einschreiben aus Oebisfelde mit interessantem Absender "Deutsche Verwaltung für Interzonen- und Außenhandel in der sowjetischen Besatzungszone" (Sammlung M. Liebreich)

 

 

Literatur und Ansprechpartner

Insgesamt ist diese Thematik „Spuren der Zonengrenze“ aus postgesichtlicher Sicht bisher nur ansatzweise erfaßt worden. Es besteht noch viel Forschungsbedarf um diesen Teilbereich der deutschen Geschichte postalisch besser beleuchten zu können. Wenn Sie Interesse an dieser spannenden Thematik haben bietet das Buch vom Autor Alfred Meschenmoser „Die Zonengrenze“ erschienen im Phil Creativ Verlag und das Werk von Herrn Mocha zum Grenzübergang Helmstedt - Marienborn einen guten Einstieg. Herr Mocha ist Mitglied in der Forschungsgemeinschaft Deutsche Einheit e.V. Hier finden Sie gleichgesinnte Sammler die Ihnen gerne weiterhelfen können. Akutelle Ansprechpartner der Forge finden Sie auf deren Homepage: www-forge-deutsche-einheit.de