Postverzollung in Deutschland nach 1945
(erschienen in philatelie 345 - März 2006)
> wer sich für weitere Infos zum Thema Postverzollung interessiert, kann auf dieser Webseite unter der Hauptrubrik "Paketpost" die Seite "Postverzollung" finden, indem er diesen Link hier anklickt
Wer weiß schon, daß ein Koffer, der im Jahre 1995 innerhalb Deutschlands mit der Post von Helgoland nach Eschborn im Taunus befördert wird, zollamtlich abgefertigt wurde?. Postgeschichtlich und philatelistisch läßt sich dies am postalischen Kofferanhänger mit Identcodelabel des Absendepostamtes Helgoland sowie eines grünen Aufklebers „Zollamtlich abgefertigt“ mit dem zusätzlichen Einzeiler „Zollamt Helgoland“ nachweisen.
Aber nicht nur in diesem Beispiel können philatelistische Postverzollungsspuren kenntlich werden. Leider achtet man aber nur sehr selten auf diese postgeschichtlichen Spuren. Der folgende Artikel will daher Anregungen für ein sehr interessantes modernes Teilgebiet der Philatelie bieten. Ein Schwerpunkt wird dabei auf dem innerdeutschen Postverkehr zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik liegen. Hier wurde teils unter dem Deckmantel der angeblichen Postzollkontrolle eine illegale Stasi-Kontrolle und Postzensur getätigt.
Verzollung im Westen
Betrachtet man beispielsweise im Ratgeber für die Benutzung der Post- und Fernmeldedienste, das Postbuch Ausgabe 1963, beim Bereich Postdienst den Abschnitt „Sonstige Bestimmungen“, findet man unter dem Punkt fünf Angaben zur Verzollung, Ausfuhr- und Einfuhrbestimmungen. Hier steht, daß der Absender sich selbst darüber unterrichten muß, ob Gegenstände, die er versenden will, in das Bestimmungsland eingeführt werden dürfen und ob sie zollpflichtig sind. Auskünfte hierüber erteilen die Außenhandelsstellen, Industrie- und Handelskammern, fremden Konsulate oder Zollstellen.
Besonders hervorheben sollte man aber den folgenden Absatz „Für die Beachtung der Zoll- Ausfuhr- und Einfuhrvorschriften ist nicht die Post, sondern der Absender verantwortlich.“ Die Post erteilt Auskünfte, soweit ihr Unterlagen zugänglich sind. Die Überprüfung nach den jeweiligen Gesetzen des Absende- und oder Empfangslandes, in unserem Falle also der Bundesrepublik Deutschland werden in der Regel in den Auswechselpostämtern und Luftpostleitstellen durchgeführt.
Heute wird diese Postverzollung nur noch im Internationalen Postzentrum in Frankfurt (IPZ), in der Internationalen Seepoststation (ISPS) in Hamburg und den internationalen Frachtpoststationen (IFS) Leipzig, Hannover, Köln, Speyer und Nürnberg durchgeführt. Dort gibt es jeweils einen Bereich Verzollung in dem an speziellen Arbeitsplätzen sowohl ein Postmitarbeiter als auch ein Zollbeamter sitzt. Der Zoll legt fest, welche Sendungen wie kontrolliert werden sollen. Der Postmitarbeiter öffnet im Beisein des Zollbeamten die Sendung. Nun übernimmt der Zollbeamte die Überprüfung, ob alles den Zoll-, Ausfuhr- und Einfuhrvorschriften genügt oder ob Beanstandungen irgendwelcher Art vorliegen. Handelt es sich beispielsweise um Sendungen aus der Schweiz, so muß oft die fehlende Mehrwertsteuer nachentrichtet werden. Besonders kontrolliert wird aber beispielsweise auch die illegale Einfuhr per Post von Zigaretten oder anderen gefährlichen Substanzen wie Drogen. Nach dieser Überprüfung wird die Sendung vom Postmitarbeiter deutlich sichtbar mit Klebeband wieder verschlossen. Es handelt sich dabei heutzutage oft um transparentes Klebeband mit grüner Beschriftung „Deutsche Post AG - Zoll - Posthorn - Zoll - Auf zollamtliche Anordnung geöffnet“.
Das dabei manchmal besonders verrückte Dinge passieren, mag vielleicht die folgende Geschichte ansatzweise schildern. Im Jahre 1996 schickte der Autor einige Wertbriefe mit einer interessanten Doppelfrankatur der "Frauen-Serie" nach Polen. Der polnische Zoll öffnete diese, um festzustellen was der Inhalt war und ob etwas zu verzollen war. Nach der Kontrolle wurden die Briefe mit zwei farbigen Verschlußmarken versiegelt und zusätzlich mit einem Gummistempel überstempelt. Es folgte eine Spzialverpackung in eine Plastiksicherheitstüte. Diese bekam am Empfangsort einen Ankunftsstempel. Da der Adressat, ein Tauschpartner, wußte, daß kein wichtiger Inhalt vorhanden war, hat er diesen Umschlag nicht geöffnet. Nach einer Weile hat er diesen sowie einige andere Belege, wie vorher abgesprochen, in einen etwas dickeren Brief nach Deutschland zurück. Diese Sendung lief zum Auswechselpostamt in Berlin. Dort war nun der deutsche Zoll neugierig, was sich denn in diesem dicken Brief aus Polen befand. Er öffnete ihn (Hauptzollamt Berlin Süd - Zollamt Schöneberg - Post) und fand darin mehrere nicht geöffnete polnische Sicherheitsumschläge vor. Da dem Zollbeamten dies scheinbar verdächtig war, lies er einen dieser Sicherheitsumschläge öffnen. Darin befand sich ein noch vom polnischen Zoll nach der Öffnung versiegelter Wertbrief. Nun war er offenbar erst recht neugierig, sodass er auch diesen schon vom polnischen Zoll versiegelten Wertbrief postamtlich durch die Deutsche Post öffnen ließ.
Schade daß man sein Gesicht nicht gesehen hat, wie er darin nur einen Pappkarton zur Verstärkung vorfand. Nun mußte aber alles wieder rückwärts ordentlich mit dem bekannten Klebeband verschlossen werden, zuerst der ganz innen befindliche Wertbrief,
dann wurde dieser wieder in den Sicherheitsumschlag gepackt und versiegelt und zum Schluß erfolgte die Versiegelung des großen Umschlags aus Polen sowie der bekannte Aufkleber in grün „Zollamtlich abgefertigt“ und in diesem Fall eines zusätzlichen Zweizeilers, wo dies passiert war. So kann man in den Besitz eines ganz ungewöhnlichen Briefes kommen, in den der polnische und deutsche Zoll ihre Nasen gesteckt haben.
Zollamtlich kontrollierte Sendungen, sei es, daß diese nur oberflächlich kontrolliert wurden, oder sei es, daß diese richtig geöffnet wurden, sind also an entsprechenden Spuren erkennbar. Zum einen sind dies grüne Stempel in der Regel als Rechteckstempel. Früher hieß es oft „Ausgesondert als Freigut, Verzollungspostamt 8000 München 3“ oder heute „Von zollamtlicher Behandlung befreit - Postverzollungsstelle IPZ Frankfurt Flughafen - Bearbeitungsstelle 77000 Offenburg“.
Handrollstempel in grün sind dem Autor erst seit kurzen aus Niederaula „Von Zollamtlicher Behandlung befreit - Postverzollungsstelle IPZ-Frankfurt-Flughafen - Bearbeitungsstelle 36272 Niederaula“ bekannt.
Wurden die Sendungen geöffnet, findet man oft auch Spuren des beschriebenen Klebebandes und oder eines grünen Aufklebers „Zollamtlich abgefertigt“ teils mit eingedruckter Ortsangabe, teils ohne teils mit zusätzlicher Stempelung des Ortes mittels eines Gummistempels.
Wenn Zoll erhoben wird, muß die Deutsche Post in Vorlage treten und dies dann beim Empfänger der Sendung einkassieren. Hier gab es früher entsprechende grüne Aufkleber mit der Formularnummer 915-809-000 siehe Postzollbuch Anlage 16, auf denen der einzuziehende Zollbetrag vermerkt wurde.
Zusätzlich wurde dann der gelbe Aufkleber für Unfreie Pakete benutzt, der später durch einen ähnlichen grünen Zollaufkleber ersetzt wurde.
Finden kann man aber auch Selbstverzollungsaufkleber und in Klebetaschen beiliegende grüne Postformulare wie die Anlage 13 zum Postzollbuch.
Besonders interessant ist, daß es sogar Poststempel gibt, die auf eine Postverzollung hinweisen. Zumindest aus Berlin 77 liegt mir ein Stempel von 1973 dazu vor. Die grüne Farbe wird aber nicht nur in Deutschland vom Zoll benutzt. Beispielsweise liegt mir eine Paketkarte aus der Schweiz mit einem grünen Handrollstempel der Schweizer Postverzollung vor.
Verzollung im Osten
Auch in der DDR gab es eine entsprechende Postverzollung. Da erst im Jahre 1962 ein eigenes Zollgesetz der DDR verabschiedet wurde, galt nach dem Krieg, zumindest in Teilbereichen das Zollgesetz des Deutschen Reiches von 1939 weiter. Deutliche Hinweise auf eine „zulässige“ zollamtliche Überprüfung dokumentieren zwar die Öffnung des Poststückes, bescheinigen aber nur eine Kontrolle auf zulässige Beilagen entsprechend den Zollverordnungen und nicht des beiliegenden Brieftextes. Das Post- und Fernmeldegeheimnis war in der DDR durch die Verfassung (1949) geschützt. Eingriffe standen unter Strafe oder durften nur auf gesetzlicher Grundlage eingeschränkt werden, wenn es die Sicherheit des sozialistischen Staates oder eine strafrechtliche Verfolgung erfordern.
Während zu Zeiten der sowjetischen Besatzungszone bis zur Gründung der DDR zur Zensur die Öffnung und Kontrollen der Post durch sichtbare Kennzeichnung auf den Poststücken auch für den Empfänger dokumentiert wurden, erfolgte nun später unter der Führung des Ministerium für Staatssicherheit (MfS) die Öffnung und Überprüfung der Post derart, daß auf den Poststücken möglichst keine Spuren der Zensur sichtbar wurden. Lediglich kleine nichts sagende Markierungen zeigen dem Eingeweihten, daß diese Poststücke das Interesse der Kontrolleure gefunden hatten. Der Zusammenhang mit den Zollkontrollen wird klar, wenn man weiß, daß hinter den Zollkontrollen das Ministerium für Staatssicherheit stand.
Diese Kontrolltätigkeit der Stasi entsprach keinem Postrecht und war auch nach internationalen Normen kein Zollrecht.
Damit erhalten derartige Poststücke eine vollkommen andere Aussagekraft als im Westen. Vielleicht durch diese besondere Gemengelage von scheinbarer Zollkontrolle und möglichst unsichtbarer Zensur bedingt, liegt in Kürze ein interessantes Werk speziell zur Postzensur der DDR vor, in dem die neuesten Erkenntnisse auf diesem Teilgebiet zusammen getragen werden. Die Autoren haben mir erlaubt, daraus das eine oder andere ausschnittsweise in diesem Artikel mit zu verwenden.
Die Tätigkeit der Post- und Zollbehörden in der DDR bestand in der Prüfung der Postsendungen. Bei Unbedenklichkeit erfolgte die ordnungsgemäße Beförderung auf dem Postwege. Bei bedenklichen Sendungen, z.B. Zeichen oder Buchstaben in der Anschrift, auch bei Aufklebern und ab einer gewissen Größe (Doppelbriefe - Päckchen - Pakete) bestand die Vorlagepflicht der Post an die Postzollbehörde, die nach Sichtprüfung oder elektronischer Durchleuchtung die Sendung der Post zum Weitertransport zurück gab. Diese Vorlagepflicht wurde sogar unter Strafandrohung gestellt. Es bestand also für Postmitarbeiter die Gefahr, bei Verletzung der Vorlagepflicht, straffällig zu werden. Aus Angst davor wurde in der Regel sicherheitshalber alles vorgeführt, um nicht straffällig zu werden.
Zum Zeichen der Kontrolle durch die Staatssicherheit (Stasi) wurde ein Sichtstempel oder ein kleiner Sichtstreifen - meist unter der Postleitzahl - angebracht. Das Sichtzeichen sollte möglichst unauffällig sein.
Anhand noch vorhandener Vordrucke des Stasi konnte nachträglich festgestellt werden, daß Fakten wie „antisowjetische Äußerungen, antidemokratische Äußerungen, Spionage- und Agententätigkeit, Einstellung zur Regierung oder Einstellung zu einzelnen Regierungsmitgliedern“ überprüft und gemeldet wurden. Eine eingehende Untersuchung und Darstellung der Kontroll- und Zensurtätigkeit des Staatssicherheitsdienstes wurde schon in dem Buch „Ein offenenes Geheimnis - Post- und Telefonkontrolle in der DDR“ vorgenommen. Dabei wurde unter anderem auch auf die Anwendung der technischen Geräte und Maschinen zum Öffnen und Verschließen der zu kontrollierenden Sendungen eingegangen und diese bildlich dargestellt (in den 80er Jahren ca. 90000 Briefe pro Tag). Die Adresskarteien der zu überwachenden Personen, Dampföffnungs- und Verschlussmaschinen, die separate Kontrollräume in den Postgebäuden und die Sicherheitsmaßnahmen des Stasi-Personals sind dort eingehend beschrieben und durch Bildmaterial dokumentiert.
Bei bedenklichen Sendungen erfolgte die Inhaltskontrolle. Nach Prüfung der Sendung wurde sie wieder verschlossen (Tesa- oder Postklebestreifen), mit einem Zolldreiecksstempel und dem Nummernstempel der Kontrollperson versehen und der Post zum Weitertransport zurückgegeben. Wurden bei Sendungen Verstöße festgestellt, gab es schriftliche Hinweise und Belehrungen an den Empfänger oder Absender. Die Sendungen konnten aber auch zurückgewiesen werden oder es erfolgte eine entschädigungslose Beschlagnahme. Dafür gab es eine Verfügung der Postzollbehörde mit Einspruchsrecht.
Spuren der Zensur
Dieses Vorgehen hat nun zu vielfältigen Spuren geführt, denn es wurde nicht nur abgehende Post der DDR in die Bundesrepublik oder irgend ein anderes Land kontrolliert, sondern es erfolgten natürlich auch in die umgehende Richtung Kontrollen. Sogar Post innerhalb der DDR (beispielsweise von Ostberlin nach Magdeburg) wurde kontrolliert, wie die neuesten Meldungen besagen. Während von 1949 bis 1954 die sogenannten Kontrollpostämter (KPA) zuständig waren, erfolgte ab 1954 bis 1962 diese Kontrolle in den Post- oder Paketpostkontrollämtern (PKA) und in der dritten und letzten Phase ab 1962 bis zum Ende 1989 bei den Postzollämtern (PZA). Dies läßt sich alles über entsprechende Stempel nachweisen. Mit der Währungsunion vom 1. Juli 1990 wurden die Kontroll- und Zollbestimmungen innerhalb des deutsch-deutschen Post- und Paketverkehrs aufgehoben.
Die Kontrollpostämtern (KPA) führten ihre Tätigkeit unter Aufsicht und Weisung des Ministeriums für Finanzen, des Ministeriums für Außer- und Innerdeutschen Handel und ab 1952 des Amtes für Zoll und Kontrolle des Warenverkehrs (AZKW) durch. Die Stempel waren mit einem Posthorn und der Prüfstempelnummer versehen.
Nachgewiesen ist bisher nur die Stempelkissenfarbe violett. Ob unterschiedliche Stempelarten und Schriftgrößen vorhanden sind, ist derzeit wegen der geringen Belegvorlage nicht bekannt.
Die durchgreifendste Regelung wurde mit der Verordnung über den Geschenkepaket- und Geschenkepäckchenverkehr auf dem Postwege mit Westdeutschland, Westberlin und dem Ausland im August 1954 (gültig mit circa 20 Änderungsverordnungen in der Folge bis zum Ende) geschaffen. Die bisherigen Kontrollpostämter wurden jetzt Postkontrollämter (PKA). Die Stempel wurden abgeändert in PKA und den abgekürzten Ortsnamen, z.B. Lzg. für Leipzig.
Für „Zurück“-Sendungen wurden viele Stempel und Aufkleber verwendet, die sich auf diese Geschenke-VO vom 5. August 1954 bezogen. Die Stempelfarbe ist in der Regel violett, es kommen jedoch auch die Farben blau und schwarz vor, einmal die Farbe grün.
Mit dem Mauerbau in Berlin ab August 1961 wurde die Grenzsicherung der DDR abgeschlossen. Bei der Post- und Warenkontrolle erfolgte die Statuierung der „Stasi-Kontrolltätigkeit“ durch das Zollgesetz vom 28 März 1962. Die bisherigen Rechtsvorschriften wurden zusammen gefaßt und die Befugnisse der Kontrollorgane ausgeweitet. Allein bis 1973 wurden mindestens 20 weitere Durchführungsbestimmungen zum Zollgesetz erlassen.
Die bisherigen Postkontrollämter wurden jedem Bezirk zugeordnet und nannten sich jetzt Postzollamt (PZA). Die Kontroll- und Prüfstempel der vorherigen PKA erhielten einen neuen Inhalt: „Zollverwaltung der DDR, Stempelnummer, Postzollamt mit Namen, Datum". Es sind drei Stempelformen bekannt, die Farben sind violett oder schwarz, ganz selten kommt grün vor. Die Größen sind unterschiedlich.
Neben den Kontrollstempeln der Postzollämter tauchen vermehrt zusätzliche Bearbeiterstempel in Kreis- oder Viereckform, mit Buchstaben und Ziffern, aber auch nur mit Buchstaben oder nur mit Ziffern auf. Diese Symbolstempel für Postsendungen wurden durch Dienstvorschrift den jeweiligen Bezirken zugeordnet.
Anfang Juli 1980 machte die Zollverwaltung der Deutschen Post den Vorschlag „aus politisch-operativen Gründen“ derartige Sendungen nicht mehr in der Symbolform zu kennzeichnen, da die Empfänger dieser Sendungen diese Kennzeichnungen mit einer inhaltlichen Kontrolle durch die Zollverwaltung in Verbindung brachten.
Mitarbeiter beider Institutionen „Post und Zoll hatten die günstigste Variante herausgearbeitet, die Sendungen durch einen unter der Postleitzahl angebrachten Balkenabdruck zu kennzeichnen (circa zwei Zentimeter lang und 15 Millimeter hoch). Mitte Oktober 1980 erfolgte dazu die passende Anweisung mit der Begründung: „Hervorhebung der Postleitzahl für die postalische Bearbeitung der Sendungen“.
Diese Stempel liegen aus allen Bezirken in verschiedenen Farben vor. Nachgewiesen sind bisher die Farben violett, blau, schwarz, grün und braun. Anfangs wurden diese mit einem Sichtstempel aufgedrückt, später offensichtlich mit Filzschreibern, da dies einfacher und schneller war.
Neben den Zolldreiecksstempeln und den stummen Sichtzeichen gibt es auf vielen Belegen zusätzliche Stempel und Buchstaben: „Nummern im Kreis, Nummern und Buchstaben im Kreis und Nummern im Viereck“.
Zu deren Bedeutung gibt es bisher nur Annahmen oder Vermutungen. Schriftliche Anweisungen oder Rechtsvorschriften (Verordnungen) wurden bisher nicht bekannt. Mündliche oder schriftliche Aussagen von Mitarbeitern der Post oder des SSD liegen bisher auch nicht vor. Der Autor Fritz Steinwasser vertritt die Auffassung, daß diese Stempel von Postangestellten angebracht wurden. Auch der Autor Franz Schöll berichtet in „Einheitsfarbe ginstergelb“ auf Seite 65 ähnliches.
Da heimlich geöffnete Briefe nicht erkennbar sein sollten, wurden mit der Zeit die Verschlussmethoden immer perfektionierter, daß bedeutet aber für Postgeschichtler, es ist nicht immer einfach geöffnete und kontrollierte Briefe zu erkennen. Anfangs wurden diverse Klebestreifen eingesetzt wie zum Beispiel Verschlußstreifen der Post, die normalerweise bei beschädigten Sendungen üblich waren. Ab 1980 gab es sogar ein spezielle Maschine die die Briefe unter heißen Dampf öffnete und später wieder verschloß. Diese Maschine hatte anfangs eine Kapazität von 300 Belegen pro Tag, später die doppelte Menge.
Während bei Briefen nur einiges geöffnet wurde, ist bei Päckchen und Paketen davon auszugehen, daß alles geöffnet und kontrolliert wurde. Beim Verschließen wurde dann oft Neuverpackungen vorgenommen, die dann oft mit entsprechenden Hinweiszetteln und weiteren Stempeln diverser Art gekennzeichnet waren.
Besonders intensiv war die Paketkontrolle, da man hier oft auch Geld entnehmen und beschlagnahmen konnte. Diese Beschlagnahme wurde aber nicht vermerkt, sie erfolgte heimlich. Art und Umfang dieser Diebstähle wurden aus den späteren Verfahren vor dem Bundsgerichtshof gegen führende Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR ersichtlich. Allein zwischen 1984 und 1989 wurden rund 32,7 Millionen DM aus Postsendungen meist westdeutscher Absender entwendet.
Sehr vielfältig sind auch die Zurück-Stempel und Zurück-Aufkleber. Dabei wurden in der Regel die Stempel auf Sendungen aus der BRD, die Aufkleber auf Sendungen aus der DDR angebracht.
> bisher vorliegende Zurück-Stempel aus den Jahren 1949 bis 1954:
> bisher vorliegende Zurück-Stempel ab 1954 (vorwiegend auf Briefen):
> bisher vorliegende Zurück-Stempel ab 1954 (vorwiegend auf Päckchen und Paketen):
> Retouren-Aufkleber - hier nur ein Beispiel:
Teilweise lagen aber auch Formulare mit dem Rücksendegrund bei. Wenn Postsendungen vom Inhalt her den Vorschriften nicht entsprachen, wurden sie beschlagnahmt und der Inhalt eingezogen. Der Absender aus der DDR erhielt durch die Post (nicht durch die Stasi) einen Zettelbescheid mit dem Vermerk, was eingezogen worden war.
Bei Sendungen aus der BRD wurde ein förmlicher Bescheid der Postzollverwaltung an den Empfänger zugestellt. Gegen die Beschlagnahmung konnte nur der Empfänger der Sendung eine Beschwerde einlegen. Eine Entschädigung oder Ersatzleistung für die eingezogene Ware war selbstverständlich ausgeschlossen. Leider ist das bisher vorliegende Material dazu noch sehr dürftig.
Aus Leipzig ist sogar die Erfaßung von Auslandseinschreiben in sogenannten „Auslandspostbüchern“ bekannt geworden, in denen die Personalausweisnummer des Absenders erfaßt wurde. Ähnliches scheint bei der Einlieferung von Paketen erfolgt zu sein, denn es existieren Paketkarten, die vom Postbeamten bei der Annahme mit der Nummer der Personalausweises versehen wurden. Ein weiterer Abschnitt des Handbuches befaßt sich mit der Entwicklung der Zollverwaltung in der DDR sowie bisher gefundener Rechtsvorschriften. Interessant ist aber auch ein Kapitel über die Zollkontrollen der BRD von Postsendungen in die DDR, die dort teils nochmals von der anderen Seite kontrolliert wurden.
Resümee
Dieser Artikel soll zweierlei erreichen. Zum einen soll er auf das stark vernachlässigte Gebiet der Postverzollung im Westen aufmerksam machen, in der Hoffnung, daß auch hier einmal die normale Postverzollung von der geschichtlichen Entwicklung und von den postgeschichtlichen Spuren her erforscht wird, bevor die heute noch vorhandenen Quellen verschwunden sind. Sollte es hier schon den einen oder anderen Einzelkämpfer geben, ist der Verfasser gerne bereit Kontakte zu vermitteln. Zum anderen soll dieser Artikel dazu aufrufen, den Autoren anhand von weiteren Fotokopien von Belegen die fehlenden Puzzelesteine der benützten Stempel und Aufkleber und sonstiger Dinge wie Beschlagnahmeprotokolle weiter zu vervollständigen.
Nachträgliche Anmerkung: Da einer der Hauptautoren in der Zwischenzeit leider verstorben ist (Herr Anton Kring) bitte die Meldung an mich senden - ich leite diese dann an den noch vorhandenen Co-Autor - Herrn Christoph Keller weiter - danke.
Literatur:
> Forschungsstand September 2005 - erschienen im Herbst 2006 - "Postkontolle in der DDR und BRD 1949 - 1990" - Hauptautoren: Anton Kring und Karl-Erich Bonebusch - Co-Autoren: Christoph Keller und Dieter Opfer - 117 Seiten - gefördert durch die Stiftung zur Förderung der Philatelie und Postgeschichte - wurde durch einen der Hauptautoren direkt vertrieben - jetzt nur noch antiquarisch erhältlich oder über eine der philatelistischen Bibliotheken ausleihbar
In diesem Werk befindet sich auch eine ausführliches Literaturverzeichnis, aus dem ich ausschnittweise einige weitere Werke oder Fachartikel hier zum Thema nennen möchte:
> 1995 Edition Hentrich von Autor Franz Schöll „Einheitsfarbe Ginstergelb - Die Postler in West und Ost als Praktiker der Einheit“
> 1999 philatelie Nr. 268 vom Autor Wilhelm Grebel „Die Stasi liest mit - Zensur des Postverkehrs in Deutschland“
> 2002 Edition Braus Band 13 der Museumsstiftung Post und Telekomunikation „Ein offenes Geheimnis - Post und Telefonkontrolle in der DDR“
> 2004 philatelie Nr. 322 vom Autor Firtz Steinwasser „Zoll- Postkontrolle der DDR“
Forschungsgemeinschaften:
Die Autoren des neuesten Werkes sind (waren) alle Mitglieder der Forschungsgemeinschaft Deutsche Einheit, die sich nicht nur mit diesem Thema sondern mit allen Dingen rund um die Deutsche Einheit beschäftigt. Für weitere Fragen zur Forschungsgemeinschaft wenden Sie sich bitte an den aktuellen Vorsitzenden, siehe Homepage der Forge: www.forge-deutsche-einheit.de