10 Jahre Packstation für Privatkunden
(Vorabveröffentlichung - erscheint in philatelie 417 - März 2012)
> Link zum ersten Artikel über die Packstation (Die Packstation - Einführung) aus dem Juni 2003 >
> Link zur Seite von DHL zur Packstation >
> Link zum kleinen Bruder der Packstation - der Paketbox >
Anfang Januar 2002 wurden in Mainz die Postkunden mit einer Postwurfsendung in Form einer roten Benachrichtigungskarte auf die nun für Privatkunden zugänglichen Packstationen eingestimmt. Seit diesem Zeitpunkt hat sich sehr viel auf diesem Sektor getan, heute kennt jeder die Packstation. Wie sich dies alles in den zurück liegenden zehn Jahren entwickelt hat, welche postgeschichtlichen Spuren die Packstation hinterlassen haben und wie die nahe Zukunft aussehen könnte, soll in einer Zusammenfassung in diesem Artikel vorgestellt werden.
Die Geräte selbst
Begonnen hatte alles im November 2001 in Dortmund und Mainz zunächst nur für Geschäftskunden mit insgesamt 15 Geräten von zwei verschiedenen Herstellern. Getestet wurde zum einen ein sogenanntes "Schließfach-System" des österreichischen Herstellers Keba sowie ein "Paternoster-System" des israelischen Startups eship4u (siehe auch philatelie 312, Juni 2003). Ab dem 14. Januar 2002 konnte jeder in Mainz registierte Privatkunde die Packstation nutzen. Der Versuch wurde im Herbst 2002 auf weitere 60 Standorte im Rhein Main Gebiet, vor allem in Frankfurt und Offenbach, ausgeweitet. Im Frühjahr 2004 fiel dann zum einen die Entscheidung, sich endgültig für das "Schließfachsystem" des österreichischen Herstellers festzulegen, zum anderen den Versuch in einen Regelbetrieb zu überführen und auf viele weitere große Städte wie Köln oder Hannover auszudehnen. Weiter gab es Ende 2004 außerdem die ersten "Inhouse-Packstationen", die auf einem Firmengelände standen und die Logistik der jeweiligen Poststelle vereinfachen sollte.
Circa im Sommer 2005 wurde von der Post der Wunsch an den österreichischen Hersteller geäußert, auch eine runde Variante nach dem "Rotations-System" vorzustellen und zu testen. Dies wurde von dem Hersteller Keba auch umgesetzt und entsprechende Packstationen dieser Art wurden in den verschiedensten Orten Deutschlands aufgestellt. Auf der CEBIT 2006 in Hannover erfolgte sogar die Präsentation der weltweit ersten RFID-fähigen Packstation, welche DHL als Mitaussteller der Metro Group Future Store Initiative präsentierte. Dazu erhielt diese ein zusätzliches spezielles RFID-Lesegerät, um entsprechend mit Transpondern ausgestattete Pakete und Kundenkarten auslesen zu können. Der theoretische Vorteil dieser Technik ist, dass sich Zusteller und Kunde noch schneller und unkomplizierter anmelden können. Da die RFID-Transponder aber bis heute noch in der Massenfertigung zu teuer sind, hat man von dieser Entwicklung nichts weiteres gehört.
Zu dieser Zeit gab es bundesweit schon 620 Packstationen. Um nicht nur von einem Hersteller abhängig zu sein, kam auch die Firma Siemens wieder ins Gespräch, die die ehemalige Startup-Firma eship4u aus Israel aufgekauft hatte, um an das entsprechende Wissen zu kommen. In einer achtmonatigen Pilotphase wurden in Leipzig im Jahr 2006 zehn Geräte getestet.
Dieser Test lief erfolgreich, denn es erfolgte ein Großauftrag über die Fertigung von bis zu 140 Automaten. Es handelte sich dabei immer um die Rotationsvariante. Ob es an dieser Variante lag oder an anderen Problemen, ist dem Autor nicht bekannt. Jedenfalls wurden letztlich keine weiteren Geräte von Siemens gekauft und die vorhandenen wurden schrittweise durch die der Konkurrenz ersetzt. Aber auch die "Rotations-Systeme" von Keba selbst wurden nicht mehr geliefert und schrittweise durch die eigenen "Schließfachsysteme" ersetzt. Die Rotationssysteme waren scheinbar nicht wirtschaftlich genug.
Wurde an einem Standort eine größere Anzahl von Fächern benötigt, wurden einfach mehrere Packstationen nebeneinander gestellt. Beispielsweise stehen in Frankfurt am Hauptbahnhof an Gleis 24 drei Packstationen nebeneinander, jede hat eine eigene Adresse. Die neueste Geration der Packstation ist modular aufgebaut. Nun kann eine Steuereinheit beliebig viele Fächer gleichzeitig verwalten. Beeindruckend ist dies bei der längsten Packstation in Deutschland und vermutlich der Welt.
Diese steht in Karlsruhe, ist 18 Meter lang, besteht aus 35 Modulen, hat 327 Fächer und wird von einer einzigen Ausgabesäule gesteuert. Der Kunde muss hier also noch etwas Sport betreiben, um vom jeweiligen Fach zu Bediensäule zu gelangen. Bundesweit gibt es inzwischen über 2500 Packstationen mit mehr als 200 000 Fächern in über 1 600 Städten und Gemeinden, die von über zwei Millionen registierten Kunden genutzt werden.
Die äüßere Technik war von Anfang an für alle Kunden, egal an welchen System gleich. Jede Packstation besitzt einen modernen Touschsreen-Monitor, einen Kartenleser für die Kundenkarte (Goldkarte) und oder die Geldkarte/EC-Karte für Bezahlungen sowie eine Tastatur, ein Ausgabefach für Quittungen und Paketmarken und einen Scanner für Linearcodes (neuerdings auch 2-D-Barcode tauglich). Anfangs konnte man an den Packstationen nur Pakete abholen. Ab dem 1. Oktober 2002 konnte das System erstmals auch Pakete annahmen, allerdings nur Retourenpaket (siehe philatelie 329, November 2004). Ab Ende 2002 konnte man erstmals mit Freeway-Paketmarken (vom Schalter) freigemachte Sendungen einliefern.
Es folgten viele weiter kleine Schritte auf diesem Weg zur heutigen Annahmevielfalt. Ab dem 10. August 2004 konnte die damals modernsten Systeme erstmals nur fürs Inland entsprechende Freeway-Paketmarken (von der Packstation) gegen Bezahlung mit Kreditkarte oder Geldkarte selbst ausdrucken und man konnte diese dort gekauften Paketmarken gleich zur Frankierung und folgenden Auflieferung benutzen.
Diese Paketmarken waren aber nur an der Packstation gültig, heute sind diese natürlich auch am Postschalter zur Auflieferung nutzbar. Hier hat sich also auch vieles im Laufe der Zeit verändert.
Nicht nur in Deutschland selbst ist die Packstation im Einsatz, sondern in vielen weiteren Ländern. In Österreich stehen 24 Geräte, in Litauen 70 Geräte, in Russland 100 Geräte, in Dänemark 130 Geräte, in der Türkei 10 Geräte, in Luxemburg 25 Geräte und sogar in Dubai gibt es schon 15 Packstationen. Außerdem gibt es in vielen anderen Ländern ähnliche Systeme, die allerdings privat betrieben werden. Die Prognose im letzten Artikel aus dem Jahr 2004, dass die Packstation ihren Siegeszug in den Industrieländern nehmen wird, ist also voll eingetroffen.
In Österreich gibt es sogar seit Ende letzten Jahres eine kleine Version in Form einer modifizierten Paketbox, die Pakete und Einschreiben annimmt und dafür auch eine Quittung als Nachweis der Einlieferung abgibt.
Dies wäre technisch ohne Probleme bestimmt auch in Deutschland bei den entsprechenden Paketboxen umsetzbar.
Depotservice
Im Herbst 2004 wurde parallel zur großflächigen Ausweitung der Packstation vor allem in großen Städten und Ballungsgebieten als Alternative für mehr ländliche Regionen der sogenannte "Depotservice" zum 15. November 2004 in allen Filialen der Stadt Münster sowie in Kerpen, Brühl, Hürth und Potsdam pilotiert. Dieser sollte bis Ende Dezember 2005 getestet werden, wurde aber mangels Nachfrage schon nach knapp vier Monaten zum 1. März 2005 eingestellt. Dabei wurde zum einen die zusätzliche Dienstleistung "Bereitstellung postlagernder Paketsendungen" angeboten. Weiter wurde ähnlich wie bei der Packstation angeboten, sich die Sendungen an einen bestehenden "Depotservice-Standort" senden zu lassen (nur halt ohne Packstation). Dazu war auch eine vorherige Registierung des Kunden (Empfängers) notwendig. Die Anschrift sah fast genauso aus, wie bei der Packstationsadresse, der einzige Unterschied war, dass hier in der entsprechenden Zeile "Depotservice 123" stand (also die Nummer des entsprechenden Depotservice-Standortes).
Die Benachrichtigung erfolgte über SMS oder per E-Mail, alles fast wie bei der Packstation. Zur Umsetzung gab es entsprechende Werbemaßnahmen mit Flyern, speziellen Anmeldekarten und weiteren Informationen.
Entsprechende postgeschichtliche Spuren aus dieser sehr kurzen Phase dürften nicht einfach zu finden sein. Sollte ein Leser hier entsprechendes Material haben, bittet der Autor um Kontaktaufnahme zwecks Erfassung dieser Dokumente.
Postgeschichtliche Spuren
Bezüglich der postgeschichtlichen Spuren hat sich im Laufe der Zeit eine sehr große Bandbreite von Belegen und Dokumenten angesammelt. Eine ausführliche Darstellung würde den vorhandenen Platz sprengen, daher erfolgt hier nur eine eher stichpunktartige Darstellung von einzelnen interessanteren Fakten. Beginnen wir mit dem nicht ganz so wichtigen philatelistischen Werbematerial zur Packstation. Hier gibt es von Anfang an eine sehr vielfältige Anzahl von unterschiedlichen Werbeflyern, Stadtplänen mit Standorten, größeren Prospekten oder CDs sowie anderen Werbeutensilien mit Packstationsaufdruck.
Aber auch im philatelistischen Bereich gibt es viele Spuren, wie Portocards mit Packstationswerbung, spezielle Funcards, Briefumschläge mit zugedruckten Packstationshinweisen bzw. Werbung oder spezielle Plusbriefe (2006) mit Werbeanschreiben an potentielle Neukunden, um diese für die Packstation zu gewinnen.
Das Begrüßungs-Set für Neukunden hat sich im Laufe der Zeit oft geändert und so vielfältige postgeschichtliche Spuren hinterlassen. Die ersten Kunden aus dem erweiterten Versuchsgebiet in Frankfurt im Jahr 2002 erhielten ein Postsachepaket an eine Packstation mit den Begrüßungsunterlangen sowie Goldcard, während die Pin in einem separaten Einschreiben damals noch von der Deutschen Post Euro Express verschickt wurde. Ab dem Jahr 2003 wurden die Goldcard und die Pin in einem Einschreiben an die Kunden verschickt, nun schon unter dem heutigen Namen von DHL. Ab 2004 setzte man dazu spezielle Werbeumschläge mit Packstationswerbung auf der Vorderseite ein. Gegen Ende des Jahres wurden auch der entsprechende Absenderfreistempel mit dieser versehen.
Das neueste Begrüssungs-Set kommt nun als DHL-Paket Postsache mit ID-Prüfung an die Hausanschrift, der Inhalt ist auch hier die Goldcard und die Pin sowie ein passendes Begrüssungsanschreiben.
Natürlich hat sich auch die Goldcard selbst im Laufe der Zeit öfters geändert, so fehlt nun z.B. der Hinweis auf die Packstation selbst.
Einen großen Bereich nehmen die umfunktionierten roten Benachrichtigungskarten der Paketpost ein, die vor allem in den ersten Jahren verstärkt auch deutschlandweit eingesetzt wurden.
Noch spezieller sind die grünen Benachrichtigungskarten, die von ersten Tests im Herbst 2003 in Mainz an, später dann bundesweit bis ins Jahr 2010 benutzt wurden.
Die Besonderheit dieser Benachrichtigungskarten ist ein abziehbarer Strichcode, der auf die einzulegende Sendung geklebt wurde. Im Jahr 2010 wurden diese dann durch neue vereinheitlichte Benachrichtigungsformulare vom Brief- und Paketdienst ersetzt.
Auch hier gibt es schon eine gewisse Vielfalt in dieser kurzen Zeit.
Da beispielsweise in Berlin die Briefkästen im Haus sind und der Paketzusteller keinen Schlüssel wie der Briefträger hat, gibt es sogar extra Postsacheumschläge von DHL mit dem Vermerk "Benachrichtigung einen Tag nach dem Zustellversuch durch die Briefzustellung" mit dem Inhalt einer grünen oder nun geknickt eingelegten gelben Benachrichtigungskarte.
Erwähnt werden müssen aber auch spezielle postalische Stempel in Briefzentren, dass beispielsweise ein Einschreiben nicht an eine Packstation geschickt werden kann
und Aufkleber von DHL, wenn eine Sendung beispielsweise mangels falscher Beschriftung nicht so läuft, wie es sein sollte.
Ein weiterer Teilbereich ist die Vielfalt bei den Paketmarken für die Packstation oder aus ihr. Beispielsweise wurde auf der Messe "eBay Live" am 26/27. Mai 2006 in Düsseldorf 5 000 spezielle Paketmarken an Geschäftskunden zu Werbezwecken verteilt, die nur an einer Packstation angenommen werden konnten.
Resümee
Wie man den bisherigen Zeilen entnehmen konnte, haben die zehn Jahre Packstation schon sehr vielfältige postalische Spuren hinterlassen. Man könnte damit sogar schon eine Ausstellung aufbauen. Auf alle Fälle gehört das ein oder andere davon, wie z.B. die speziellen roten oder grünen Benachrichtigungskarten, auch in jede Heimatsammlung vor Ort dazu. Sammler sollten also diese postgeschichtlichen Spuren für ihre Heimat festhalten, denn wenn man zu lange wartet, wird es schwierig, diese noch zusammenzutragen. Der Ausbau der Packstationen in Deutschland wird systematisch weiter erfolgen. Das Netz wird immer dichter werden. Die neu eingebauten 2-D-Barcodescanner bieten mittelfristig sogar viele weitere Optionen, wie die Erweiterung auf den Briefbereich, um Einschreiben gegen Quittung abzuliefern oder abzuholen, wie das Beispiel Österreich ja zeigt. Noch dieses Halbjahr soll ein deutlich verbesserte Software eingesetzt werden. Beispielsweise muss der Kunde dann beim Abholen von mehreren Sendungen nur noch ein Fach öffnen oder es können mit einem Vorgang mehrere Paketmarken gekauft werden. Außerdem ist der Ausbau einer TAN-Lösung geplant, damit auch bisher nicht registierte Kunden Sendungen bestellen und abholen können. Lassen wir uns überraschen, wie diese Entwicklung weiter geht.