Der Sonderstempel im Stempel
(Vorabveröffentlichung - erscheint in philatelie 423 - September 2012)
Anläßlich der Deutschen Leichtathletikmeisterschaften am 16. und 17. Juni 2012 in Bochum Wattenscheid hatte die Stadt Bochum eine interessante kostengünstige Werbeidee. Von Anfang Januar 2012 bis zum 22. Juni 2012 wurden die beiden vorhandenen Absenderfreistempelmaschinen mit einem Werbeklischee eines Sonderstempels gefüllt und eingesetzt. Wieso ist dieser Sonderstempel nicht auffinbar? Handelte es sich dabei um einen Einzelfall oder existiert hier bereits ein eigenes kleines Sammelgebiet? Diese und weitere Fragen sollen im Rahmen der nachfolgenden Betrachtungen beantwortet werden.
Der Fall Bochum
In Bochum-Wattenscheid wurden am 16. und 17. Juni 2012 die Deutschen Leichtathletikmeisterschaften durchgeführt. Bekannt ist aber auch, dass die Stadt Bochum - wie auch viele andere Ruhrgebietsstädte - finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet ist. Daher hatte man im Rathaus die Idee, die Werbefläche der beiden Absenderfreistempelmaschinen mit der Kennung 4D06000E31 und 4D06000DFE zur Werbung für die Deutschen Leichtathletikmeisterschaften zu nutzen. Denn so kostet ein Layout bis zur Umsetzung nur 130 Euro. Das Layout für die Werbung selbst wurde nun nicht in normaler Form umgesetzt, sondern in Form eines Sonderstempels. Selbstverständlich befinden sich rechts und links vom Namen Bochum zwei kleine Posthörner. Das Stempeldatum selbst wurde aber in Nullstellung dargestellt, genauso wie die Postleitzahl. Diesen Sonderstempel zu bestellen und einzusetzen, hätte die Stadt Bochum viel mehr Geld gekostet. Gleichzeitig wäre die Frage gewesen, wieviele Stempelabschläge es in dieser kurzen Einsatzzeit überhaupt gegeben hätte, denn dies ist natürlich für den Werbeerfolg sehr wichtig. Im Gegensatz dazu wurden für ein halbes Jahr von Anfang Januar 2012 bis eine Woche nach der Veranstaltung alle ausgehenden Briefe der Stadt Bochum mit den Absenderfreistempeln mit dieser Werbebotschaft versehen. Die Breitenwirkung war somit viel größer und es war auch wesentlich billiger für die Stadt. Der Sonderstempel selbst exisiterte nur in dieser Form als Werbeeinsatz bei den beiden von der Stadt genutzten Absenderfreistempeln. War das nun ein Einzelfall oder gibt es hier weitere ähnliche Fälle?
Der Fall Weimar
Die weitere Suche führte zu einem Absenderfreistempel der Stadt Weimar. Dort wurde 2009 für das Bauhausjahr bzw. das 90-jähriger Bauhausjubiläum in Thüringen geworben und auch hier war im Werbeteil des Absenderfreistempels zeitweilig ein Sonderstempelmotiv zu sehen.
Druchforstet man nun die Stempelankündigungen der Deutschen Post AG aus dem Jahre 2009, wird man jedoch nicht fündig. Allerdings führte die Suche zu einem ähnlichen "echten" Sonderstempel zum Bauhausjahr 2009 in Thüringen. Denn zum 11. Januar 2009 wurde in Apolda ein ähnliches Motiv als echter Sonderstempel eingesetzt.
Der rechte Teil ist gleich, im linken Teil sind die Umrisse von Thüringen nach oben geschoben worden und der Verweis "bauhaus 2009" steht darunter. Egal, wer hier welchen Entwurf zuerst gefertigt hatte oder ob beides vom selben Grafiker stammte, es handelte sich auch hier um eine gute Idee, die ansprechend umgesetzt wurde.
Der Fall Dr. Oetker und Heiligenhaus
Es folgten natürlich Recherchen, ob nicht doch weitere Fälle nachzuweisen waren, wo es sowohl Sonderstempel als auch Absenderfreistempel mit Werbeteil in Form eines echten, nur kleineren Sonderstempels gegeben hatte. Die Suche verlief erfolgreich, denn mindestens zwei weitere Fälle lassen sich belegen. Im ersten Fall handelt es sich sogar um einen Stempel mit Post-Eigenwerbung. Dieser erschien anlässlich des 150. Geburtstages von August Oetker in Bielefeld als Sonderstempel mit dem Portrait August Oetkers und der Patentschrift.
Dieser Stempel tauchte nun auch in den Absenderfreistempeln der Firma Dr. August Oetker Nachrungsmittel KG auf. Die Firma besitzt noch keine Frankitmaschinen, sondern klassische Absenderfreistempelmaschinen mit Ortsstempel (hier 33602 Bielefeld) und danenben ein Wertkästchen in Euro. Die Kennung der Maschine lautet F 721701.
Da es sich hier um eine große Firma handelt, besitzt diese - ähnlich wie die Stadtverwaltung Bochum - mehrere Maschinen. Belegt sind im Fall Dr. Oetker mindestens zwei verschiedene Maschinen mit der Kennung F721701 und F703678, die diese Werbung führten.
Eine Anfrage bei der Firma Dr. Oetker, wer diese Idee hatte und wie lange diese Werbung im Einsatz war, wurde leider nicht beantwortet. Es dürfte aber zeitnah zum Jubiläum gewesen sein, denn bekannt sind Abschläge vom Januar und Februar 2012. Dieser Fall wurde ja auch im Forum des BDPh gemeldet.
Aufgrund dieser Meldung wurde ein weiterer Fall aus dem Jahr 2010 bekannt. In diesem Jahr war das Ruhrgebiet als Kulturhauptstadt Europas ausgewählt worden und aus diesem Anlass wurden sehr viele verschiedene Aktionen im Ruhrgebiet geplant und umgesetzt. Eine dieser Maßnahmen waren die "Local-Hero-Wochen", die über das ganze Jahr 2010 verteilt in 52 verschiedenen Städten der Metropole Ruhr stattfanden. Zwar gab es scheinbar nicht in allen diesen verschiedenen Städten entsprechende Sonderstempel, aber ich konnte mindestens 20 verschiedene Stempel zählen.
Einige dieser Stempel wurden sogar erst nachträglich angekündigt. Es handelte sich dabei um Orte wie Dinslaken, Kamp-Lintfort, Xanten, Neukirchen-Vluyn, Hamminkeln, Lünen, Kamen, Selm oder Gladbeck. Manche dieser Ort sind bekannt, andere eher nicht.
Eine der letzten Veranstaltungen in diesem Rahmen fand vom 12. bis 18. Dezember in 42579 Heiligenhaus statt.
Die dortige Stadtverwaltung war auf Zack und übernahm das Layout des Sonderstempels anllässlich der dortigen Local-Hero-Woche Ruhr 2010 im Werbeteil ihres Absenderfreistempels. Hier handelt es sich auch noch um einen klassischen Absenderfreistempel mit Ortsangabe und Wertkästchen.
Wie langer dieser Absenderfreistempel mit dieser schönen Werbung lief, ist leider nicht mehr feststellbar, aber auch hier dürfte er zeitnah nur für eine befristete Zeit eingesetzt worden sein.
Der bisher älteste bekannte Fall dieser Art kommt aus Osnabrück. Dort hatte der Landkreis Osnabrück Anfang 2008 den Sonderstempel anlässlich der Osnabrücker Philatelistentage vom 28. bis 30. März 2008 in seinem Werbeteil integriert. Die Kennung dieses Absenderfreistempels lautet E722019.
Ob der Landkreis nur einen Absenderfreistempel oder mehrere besitzt, so wie beispielsweise Bochum, ist leider nicht bekannt. Weitere Fälle liegen dem Autor bisher nicht vor, es dürften aber nicht die einzigen gewesen sein oder?
Resümee
Wie die hier aufgeführten Beispiele belegen, gibt es mindestens die genannten Orte, die Sonderstempel in einem Absenderfreistempel eingesetzt haben. Sicherlich dürfte es weitere Kombinationen dieser Art gegeben haben und der Autor bittet um Hinweise, falls vergleichbare Fälle bekannt sein sollten.
Vom Umfang her bietet sich hier bereits ein kleines, aber feines Sammelgebiet an, dass sogar für einen Einrahmen-Wettbewerb gegeignet ist. Dabei dürfte es nicht sehr leicht werden, nachträglich die entsprechenden Belegpaare zusammenzutragen. Unabhängig davon, ist es generell eine gute Idee, die Werbefläche von Absenderfreistempelmaschinen mit passenden Abbildungen von Sonderstempeln zu versehen, um für bestimmte Ereignisse zu werben. Man sollte dies ruhig öfters nutzen. Dafür bieten sich natürlich besonders die Absenderfreistempelmaschinen der Städte und Gemeinden an.
Arbeitsgemeinschaften
Wer sich generell für Absenderfreistempel interessiert, der ist sicherlich bei der entsprechenden Forschungsgemeinschaft Post- und Absenderfreistempel e.V. gut aufgehoben. Der 1. Vorsitzende ist Michael Engelhardt. Weiteres zur Forschungsgemeinschaft und Ansprechpartner sind über die Homepage www.fg-freistempel.de zu finden. Dir Forschungsgemeinschaft trifft sich regelmäßig zu regionalen Terminen, aber auch einmal im Jahr Ende März in Hosenfeld bei Fulda. Diesen Termin sollten Interessenten auf alle Fälle nicht versäumen, denn diesen Tag werden Sie bestimmt so schnell nicht vergessen.