Leuchtturmmarke „Wangerooge“ gefälscht
(erschienen in philatelie 504 Juni 2019 - Freigabe für diese Webseite durch Autor Bernd Hanke / AGF)
Am 7. Juni 2018 erschien aus der Serie „Leuchttürme“ die 70 Cent „Neuer Leuchtturm Wangerooge“ (Michel-Nummer 3392). Am selben Tag erschien diese Marke auch noch in der Variante als 100er Rolle selbstklebend (Michel-Nummer 3396). Ein knappes halbes Jahr später wurden bei Ebay-Kleinanzeigen unter dem Pseudonym „Peter“ diese und drei andere Marken (85 Cent Folienblatt 64 Tierkinder (Iltis, Wildschwein) und 145 Cent Folienblatt 63 (Elbphilharmonie) in größeren Mengen günstig angeboten. Merkwürdig an diesem Angebot war wieder einmal der Versand nur per Nachnahme. Wie die weiteren Nachforschungen und Gespräche mit einigen seiner Kunden ergeben haben, handelt es sich bei allen vier Marken um Fälschungen zum Schaden der Post. Alle vier sind leicht mit einer UV-Lampe erkennbar, da das Papier nur optische Aufheller besitzt und daher bläulich leuchtet. Das besondere an der erstgenannten Fälschung 70 Cent Wangerooge ist, dass hier zum zweiten Mal nicht nur die Marke selbst gefälscht wurde, sondern das hier auch die Verpackung mit gefälscht wurde. Im folgenden Artikel wird nun diese ausführlich vorgestellt. Die Vorstellung der zwei gefälschten Folienblätter 63 und 64 erfolgt in einer der folgenden Ausgaben der philatelie.
Die gefälschte Verpackung / Rolle
Bisher wurden gefälschte Verpackungen bei Briefmarkenfälschungen nur bei drei Marken bekannt ("100 Jahre Vogelwarte Helgoland" 145 Cent selbstklebend - 100er Rolle (siehe philatelie 494 – August 2018), 145 Cent selbstklebend „100 Jahre Buchenwälder Deutschlands" und bei der selbstklebenden Blumenmarke 70 Cent "Schokoladenkossmee" (500er Rolle)). In diesen Fällen handelte es sich hier bei den Fälschern um die drei Brüder aus Hattingen, die in einem großen Betrugsprozeß Anfang 2018 diesbezüglich verurteilt wurden (siehe philatelie 494 – Mai 2018). Die gefälschten Marken und Verpackungen wurden damals in China hergestellt. Bei der gefälschten Verpackung „Helgoland“ hatten sich die Chinesen dabei einen Schreibfehler geleistet.
Einen Schreibfehler gibt es nun bei der neuen Verpackungsfälschung nicht zu entdecken. Sowohl das Original als auch die Fälschung sehen sich sehr ähnlich. Es gibt allerdings einen deutlichen Unterschied, er betrifft die Marke selbst. Für den Druck der gefälschten Verpackung wurde alles neu gesetzt. Benutzt hat man dazu aber nicht die Originalmarke, sondern die Fälschung mit einem markanten Fehler. Bei dieser hat sich nun aber, wie wir später noch ausführlich lesen werden, beim Neusetzen des Namens „Wangerooge“ ein elementarer Fehler beim „W“ eingeschlichen.
Während bei der echten Marke die Schenkel vom W in der Mitte spitz zusammen laufen, läuft bei der Fälschung der linke Schenkel etwas tiefer in die rechte Flanke des linken Schenkels rein. Ein weiterer recht gut mit bloßen Auge erkennbarer Unterschied betrifft den Schattenrand um die Marke, der bei der Fälschung nicht vorhanden ist.
Mit der Lupe lassen sich weitere Unterschiede, wie andere Rasterwinkel erkennen. Während bei der echten Verpackung der Schriftzug „Wangerooge“ gerastert ist, ist er bei der Fälschung ohne Raster gedruckt. Umgekehrt ist dies beim schwarz gedruckten „QR-Code“ auf der Unterseite der Verpackung, der bei der Fälschung gerastert aber beim Original ohne Rasterung gedruckt wurde, soweit einige Details zur gefälschten Verpackung.
Betrachten wir nun kurz die Rolle selbst. Die echte Rolle hat einen Durchmesser von vier Zentimeter und besitzt keinen Pappkern. Die gefälschte Rolle hat einen Durchmesser von 5,1 Zentimeter und wurde auf einen Pappkern aufgewickelt.
Auch die Versiegelung der gefälschten Rolle fällt auf, statt des von Briefmarkenrollen her bekannten länglichen Aufklebers mit abgerundeten Ecken ist die gefälschte Rolle mit einen transparenten 37 Millimeter langen Streifens versiegelt, der mit einen roten Pfeil bedruckt ist. Während die echten Marken jeweils auf der Rückseite in Fünferschritten nummeriert sind, besitzt die Fälschung keine Nummerierung.
Der Vergleich der Marken
Untersucht wurden zwei Streifen mit je sechs selbstklebenden Marken von der Rolle zu 70 Cent „Leuchtturm Wangerooge“ vom Rollenanfang. Die echten Marken haben eine Größe von 35 x 35 Millimeter (Format VII quadratisch) mit Abstand vier Millimeter mit der rückseitigen Zählnummer 095 und 100. Die Dublikate ohne rückseitige Zählnummer haben die selbe Größe 35 x 35 Millimeter (Format VII quadratisch) allerdings mit etwas unterschiedlichen Abständen (2,4; 2,8: 2,8; 2,8 Millimeter). Die Dicke der Originalfolie beträgt 0,05 Millimeter, die der Fälschung 0,056 Millimeter.
Beide Marken wurden im Offsetdruck gedruckt, die echte mit Gelb 0 Grad, Magenta 45 Grad, Cyan 75 Grad und Schwarz 15 Grad, während die Fälschung mit Gelb 0 Grad, Magenta 75 Grad, Cyan 15 Grad und Schwarz 45 Grad gedruckt wurde. Die Perforation beträgt sowohl beim Original wie bei dem Dublikat 10 ¼.
Betrachten wir nun als nächstes einige ausgewählte Bildelemente vom Turm etwas genauer. Die Verwendung der schwarzen Farbe wird in den Turmelementen sehr gut sichtbar. In den roten Teilen des Turmes wird die Rasterung von Cyan auf der gelben und roten Farbe fortgesetzt. Es ergeben sich durch subtraktive Farbmischung schwarze Rasterpunkte, die die roten Flächen abdunkeln.
Im Bereich der Unterseite der Plattform wird schwarz hingegen als eigenständige Farbe mit hoher Schichtdicke verwendet. Die Farbe wirkt hier kräftig und glänzend. Die sehr klein gehaltenen Rasterpunkte der Farben Gelb, Magenta und Cyan erhöhen die Konturenschärfe. Beim Dublikat zeigen die roten Turmelemente dagegen keine Fortführung der Farbe Cyan im Winkel von 15 Grad, sondern eine zusätzliche Anwendung von Schwarz im Winkel von 45 Grad. In der Unterseite der Plattform wird Schwarz ebenfalls mit starken Farbaufbau verwendet. Die Farbe wirkt kräftig und glänzend. Die größeren Rasterpunkte der Farben Gelb, Magenta und Cyan bewirken jedoch, dass die Konturen unscharf sind.
Vergleicht man nun vom Original und der Fälschung zwei Bildausschnitte des Sonnenuntergangs genauer, kann man weitere Unterschiede erkennen. Beim Original zeigt sich die Verwendung der gelben Farbe in den Bildelementen des Sonnenuntergangs und des blauen Himmel sehr gut. Die Rasterpunkte der gelben Farbe sind sehr klein gehalten, im Bereich des Sonnenuntergangs bilden sie annähernd zusammenhängende senkrechte Linien. Der Sonnenuntergang wirkt dadurch relativ blass.
Der blaue Himmel bleibt in seinen hellen und dunkleren Bereichen immer blau. Beim Dublikat sind dagegen die gelben Rasterpunkte sehr groß ausgeführt. Die Bildelemente des Sonnenuntergangs wirken gelber, der blaue Himmel ist in seinen hellen und dunkleren Bereichen ebenfalls gelbstichig.
Es folgt nun eine Betrachtung ausgewählter Schriftelemente, beispielsweise des Schriftzugs „Wangerooge“. Dieser Schriftzug wurde beim Original mit einer separaten roten Farbe gedruckt. Bei der Fälschung dagegen, wurde der Schriftzug „Wangerooge“ durch subtraktive Farbmischung der Farben Gelb und Magenta gedruckt und erscheint ebenfalls rot. Auffallend und für Vergleich mit bloßen Auge einfach zu beurteilen ist die mittlere Spitze des Buchstabens „W“.
Der Schriftzug „Leuchttürme“, die Länderbezeichnung und die Wertziffer zeigen senkrechte gelbe Rasterpunktlinien in den Buchstaben, die möglicherweise durch eine Passerverschiebung entstanden sind. Dagegen sind beim Dublikat die Schriftzüge „Leuchttürme“, die Länderbezeichnung und die Wertziffer unauffällig unbedruckt in Weiß gehalten.
UV-Eigenschaften und Infrarot Merkmale
Unter UV-Licht mit 365 Nanometer reagiert die echt Marke gewohnt mit einer leicht gelblichen Fluoreszenzreaktion, während unter 254 Nanometer UV-Licht keine Reaktion erfolgt. Wie schon eingangs kurz erwähnt, leuchtet die Fälschung unter UV-Licht mit 365 Nanometer bläulich, ein Hinweis auf optische Aufheller im Papier. Unter 254 Nanometer reagiert die Folie leicht grünlich, während die Markenoberfläche nur etwas dunkler wird.
Die Sicherheitspigmente der seltenen Erden befinden sich in der gelben Farbe. Die Fluoreszenzreaktion auf IR-Licht mit 980 Nanometer ist gewohnt grün, in den roten Flächen des Leuchtturms erscheint sie allerdings rötlich, was auf eine Überlagerung durch die rote Druckfarbe hindeutet. Bei der Fälschung gibt es keine Hinweise auf eine IR-Fluoreszenz.
Schlussbemerkung
Der eingangs genannte Pseudonym „Peter“ als bisherige Erstquelle bezüglich des Verkaufs hat sich scheinbar aus den ersten Anfragen die Kunden raus gesucht, die ihm am meisten abgekauft haben. Mit einigen dieser Käufer hatte der Autor Kontakt und sie befragt. Weil in der Zwischenzeit aber scheinbar schon sehr schnell die ersten Reklamationen wegen einer Fälschung eingingen, hat er sich bezüglich der weiteren Anfragen einfach nicht mehr gerührt und ist abgetaucht, denn die eigene Bestellung wurde zwar noch per email zugesagt, aber nicht mehr ausgeliefert. Außerdem wurde das entsprechende Benutzerkonto fast zur selben Zeit gelöscht und somit sind entsprechende Internetspuren verschwunden. Da die gedruckte Auflage vermutlich noch nicht komplett verkauft ist, geht der Autor davon aus, das diese nun über andere Vertriebswege im Laufe der nächsten Zeit doch noch an den Mann oder die Frau gebracht wird, um die kalkulierte Dividende einzufahren. Sobald dies passiert ist, wird vermutlich das nächste Motiv gefälscht und das Spiel beginnt wieder von vorne. Die Wahrscheinlichkeit dabei erwischt zu werden, ist scheinbar sehr gering, denn nach bisherigen Recherchen wurden in den letzten Jahren selten Gerichtsverfahren wegen Briefmarkenfälschung bekannt. Wie Sie auch wieder an diesem Beispiel sehen können, ist eine UV-Lampe zur schnellen Analyse ein wichtiges Hilfsmittel. Damit lassen sich schnell erste Verdachtsmomente finden. Prüfen Sie doch einfach mal regelmäßig mit einer solchen Lampe die Neuheiten der letzten Jahre auf ihrer Bedarfspost oder der Kiloware, vielleicht finden Sie ja so auch eine der Fälschungen – im Verdachtsfall können Sie sich gerne über die Redaktion an den Autor wenden – danke.